Abschiedsvorlesung Univ.-Prof. Dr. Rainer Bucher
Radikale Gegenwart
Univ.-Prof. Dr. Rainer Bucher nahm nach 22 Jahren als Professor für Pastoraltheologie und Leiter des Instituts für Pastoraltheologie und Pastoralpsychologie Abschied.
Der Ort für die Abschiedsvorlesung des Pastoraltheologen am 1. Juli war das Universitätszentrum Theologie. Es war gebaut und von der Theologischen Fakultät besiedelt worden, als Rainer Bucher deren Dekan war. Der jetzige Dekan Pablo Argárate konnte viele WeggefährtInnen und FachkollegInnen Buchers willkommen heißen.
Rainer Bucher prägte die Fakultät durch seine fachliche und menschliche Kompetenz. Er steht für eine Theologie und eine Kirche, die der Gegenwart dient und nicht bloß ein Erbe bewahren und verwalten will.
Vorlesung. „Radikale Gegenwart“ überschrieb er deshalb seine Abschiedsvorlesung. Für Bucher ist Wissenschaft heute ein „institutionalisierter Dauerstreit“ auf der Suche nach Antworten auf heutige Fragestellungen.
„Wie ist das mit Friede, Tod und Erlösung?“ laute die Gewissensfrage heutiger Theologie. Im Sozialraum Kirche seien viele Schätze gespeichert. Gleichzeitig werde vieles verdunkelt durch unnötiges Festhalten an untauglichen Identitätsmerkmalen, durch asymmetrisches Geschlechterverhältnis, klerikalistische Herrschaftsformen oder Unterdrückung durch geistliche und sexuelle Gewalt.
Dem gegenüber bekennt Bucher, was ihn an der Botschaft Jesu fasziniert: dass sie einen radikalen Neuanfang möglich macht; dass sie die Logik der Rache durchbricht; und dass sich Gott in die Menschheit einreiht.
Dank. Als „Werbeträger für die Wissenschaft“ würdigte Bildungsminister Martin Polaschek den Professor. Bischof Wilhelm Krautwaschl erinnerte, dass der Titel des diözesanen Zukunftsbildes „Gott kommt im Heute entgegen“ von Bucher stammt. Den Dank der Universität überbrachte Rektor Peter Riedler. Buchers Meinung hatte im Akademischen Senat großes Gewicht.
Würdigung. An Rainer Bucher gibt es in der deutschsprachigen Pastoraltheologie kein Vorbeikommen, stellte Teresa Schweighofer als Sprecherin der ARGE Pastoraltheologie fest. Reinhold Esterbauer, Professor für Philosophie an der Theologischen Fakultät Graz, fragte mit dem Konzil nach Freude und Hoffnung, Trauer und Angst. Angstvoll erlebe Bucher die Ökonomisierung der Lebensbereiche. Trauer bereite ihm der Zustand der Kirche. Freude machten ihm Studierende, die Feuer fingen. Hoffnung bedeute unerschrockenes Sich-Einlassen auf Sinnvolles.
Maria Elisabeth Aigner, die den Fachbereich Pastoralpsychologie leitet, fragte mit dem biblischen Buch Kohelet „Was bleibt?“ und antwortete im Blick auf Bucher: Deine Mühe war unser Gewinn. Studierende sowie KollegInnen wurden gefördert und gefordert und ermuntert, ihren eigenen Weg zu gehen. Der Ort der Universität wurde menschlicher.
Perspektiven. Religiöse Kompetenz bilde sich heute säkular, betonte die Berliner Theologin Birgit Hoyer. Für Menschen, die Gott nicht einmal mehr im Tod brauchen, gelte es, Hoffnung auszustreuen. Kirchenaustrittszahlen in Summe der Bevölkerung von Graz und Salzburg nannte der Salzburger Dogmatiker Hans Sander. Die Pastoraltheologie stehe in dieser selbst ausgelösten Krise der Kirche für das „semper reformanda“, ständige Erneuerung.
Abschied. Herzlich dankten Ingrid Hable und Tanja Grabovac im Namen des Instituts, Laura Meemann und Martin Bauer für die Studierenden und Gemeinderat Peter Piffl-Percevic für die Stadt Graz. Als Road-Map ins Offene versteht sich die Festschrift „Weiter Gehen“, die zum Weiterdenken von Gedanken Buchers anregt.
Herbert Messner
Musik zum Mehr-Mensch-Sein
Gefreut hat sich der in Bayreuth aufgewachsene Rainer Bucher über die musikalischen Beiträge der Pianistin Sr. Joanna Jimin Lee. Die aus Südkorea stammende Missionarin Christi wollte „Musik zum Mehr-Mensch-Sein“ darbieten.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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