Religionspädagogik
Mehr als „Eh klar …“

Foto: Gerd Neuhold - Sonntagsblatt für Steiermark
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In einem Symposium der Universität Graz präsentierten Wolfgang Weirer und sein Team neue Perspektiven für die Religionspädagogik.

Anlässlich der Ernennung von Wolfgang Weirer zum Professor für Religionspädagogik lud die Katholisch-Theologische Fakultät am 25. Mai zu einem Kurzsymposium. Zahlreiche Gäste gratulierten dem engagierten Religionspädagogen, der bereits seit 35 Jahren ein fixer Bestandteil der Fakultät ist.

Der ehemalige Dekan Christoph Heil eröffnete in Vertretung von Dekan Pablo Argárate die Reihe der Grußworte. Er würdigte Weirer als konstruktiven Kollegen mit großer Energie und ansteckendem Optimismus. Die islamische Religionspädagogin Mevlida Mešanović erzählte von einigen persönlichen Erinnerungen, in denen seine Achtsamkeit und sein Respekt vor religiösen Hintergründen sichtbar geworden seien. Andrea Lehner-Hartmann, Professorin für Praktische Theologie (Wien), ging in ihrer Rede vom Begriff „Unterbrechung“ aus, der die kürzeste Definition sowohl für Bildung als auch für Religion sein kann. Weirer zeige den Mut und die Risikobereitschaft, Gewohntes zu unterbrechen. Sie würdigte seine bisherigen Leistungen, hob seine Kompetenz im Vernetzen und Leiten hervor und beschrieb ihn als „angesehenen Gesprächspartner für Ministerium und Bischofskonferenz“.

Religiöse Bildung weiter denken
In seiner Antrittsvorlesung richtete Wolfgang Weirer den Blick auf die Herausforderungen der Religionspädagogik angesichts gegenwärtiger Umbrüche und Krisen. Als Beispiele nannte er die sinkenden Zahlen zur Kirchenbindung bzw. -zugehörigkeit, aber auch die abnehmende Relevanz von Religion bei Jugendlichen. Diese seien durch Krisenerfahrungen und Digitalisierung geprägt, und das habe Konsequenzen. Regelmäßig veröffentlichte Studien von safer-internet.at würden z. B. zeigen, „dass idealisierte Körperbilder in den sozialen Netzwerken Jugendliche großem Druck aussetzen“.

Weirer regte an, angesichts dieser Veränderungsprozesse über eine „transformierte religiöse Bildung“ nachzudenken. Lernende sollen dabei unterstützt werden, „religiöse Urteils- und Entscheidungsfähigkeit zu entwickeln“. Außerdem sollen Heranwachsende „etwas von der Vielfalt der religiösen Inspirationen kennen und verstehen lernen“.

Abschließend stellte Weirer gemeinsam mit seinem Team eine „transformierte – d. h. – erweiterte Konzeption von Religionspädagogik“ vor: Neben der Weiterentwicklung des konfessionellen Religionsunterrichts und der Vernetzung von Religions- und Ethikunterricht sollen Standards für den außerschulischen Bildungsbereich (z. B. in den Pfarren) entwickelt und religionskooperative Unterrichtsprojekte erforscht werden. Weiters wurde die Einrichtung eines interreligiösen und interkulturellen Dialogzentrums für den Bildungsbereich angekündigt. In Zusammenarbeit mit ComUnitySpirit und der Bildungsdirektion Steiermark wird dieses Zentrum Workshops für Schüler:innen und Coachings für Lehrpersonen anbieten.

Eva Bacher


O-Ton

Wolfgang Weirer stellte auch die Arbeitsschwerpunkte seines Institutes vor. | Foto: Gerd Neuhold - Sonntagsblatt für Steiermark
  • Wolfgang Weirer stellte auch die Arbeitsschwerpunkte seines Institutes vor.
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Religiöse Bildung
Personale Begegnung ins Spiel bringen

Religion ist nicht nur ein System kognitiver Überzeugungen, sondern hat auch mit wesentlichen emotionalen Qualitäten zu tun. Seit vielen Jahrzehnten ist es eine religionspädagogische Selbstverständlichkeit, dass religiöse Bildung auf die Rolle von Erfahrung angewiesen ist. Gerade angesichts von Digitalität als einem für das Bildungswesen relevanten Transformationsprozess, der die personale Kommunikation radikal verändert, ist es die Aufgabe religiöser Bildung, personale Begegnung – im analogen Modus – als Erfahrungsschatz zu ermöglichen und ins Spiel zu bringen. Ich glaube, es erübrigt sich fast, hier auf die zentrale Rolle von Lehrpersonen – und damit auch auf deren Ausbildung – hinzuweisen.

Saskia Wendel bringt es sehr pointiert zum Ausdruck: „[...] beim Glauben handelt es sich […] wesentlich um eine Praxis, eine Lebensform. Der Glaube bezieht sich – frei nach Immanuel Kant – weder auf die Frage ‚Was kann ich wissen?‘ noch auf die Frage ‚Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?‘, sondern auf die Frage ‚Was darf ich hoffen?‘, die eng mit der Frage ‚Was soll ich tun?‘ verbunden ist.“
Dabei stellt sich natürlich die Frage, wie emotionale und existentiell relevante Erfahrungen im schulischen Religionsunterricht einzulösen sind.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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