Politik und Kirche
Klar Farbe bekennen
Beim Studientag „Demokratie braucht Religion“ diskutierten hochkarätige VertreterInnen aus Politik und Kirche.
Religion ist ein wichtiger Faktor einer lebendigen Demokratie: Darin zeigten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studientagung im Wiener Figl-Haus einig. „Politiker und Christen sitzen in einem Boot“ – und seien angesichts des steigenden Drucks auf die liberale Demokratie gefordert, gleichermaßen das christlich-jüdische Erbe, die Grundrechtecharta und die christliche Soziallehre immer wieder in den politischen Diskurs einzuspeisen, appellierte etwa der Erste Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Othmar Karas.
Der deutsche Jesuit P. Klaus Mertes rief dazu auf, im gesellschaftlichen Diskurs die Wahrheitsfrage nicht aufzugeben. Wer „identitären Konzepten“ entgegentreten wolle, sollte nicht mit weichem Relativismus antworten, sondern mit einem klaren und zugleich selbstkritisch reflektierten Welt- und Menschenbild. Der Verzicht auf den Wahrheitsanspruch seitens der Theologie würde zu einer Einladung an alle gottsuchenden Menschen, „ihr Heil in identitären religiösen Projekten zu suchen.“
Die Wiener Pastoraltheologin Regina Polak unterstrich, dass neben politischer auch religiöse bzw. theologische Bildung wichtig seien, um das „brüchig gewordene Fundament der Demokratie“ zu stabilisieren und nicht geschlossene Weltbilder zu stützen und illiberale Tendenzen zu befördern, wie etwa das Beispiel Ungarn zeige.
Der Europa-Politiker und bekennende Katholik Karas zeigte auf, dass Christen und Politiker unter ähnlichem Druck stehen: „Der Rückzug aus unseren Gemeinschaften und vom politischen Diskurs, das haben wir in den Kirchen und auch in der Politik. Der Vertrauensverlust unserer Mitglieder durch die Verletzungen gemeinsamer Werte, die dem Zusammenhalt unserer Gemeinschaft dienen sollten, sind die Ursachen für den Glaubwürdigkeitsverlust innerhalb unserer Gemeinschaften.“
In dieser Situation seien Christen gefordert, gerade im heurigen Superwahljahr „klarer als in der Vergangenheit Farbe zu bekennen“ und einzutreten für ein Europa der Vielfalt, für die europäischen Grundrechte und die Prinzipien von Freiheit, liberaler Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Respekt vor der Würde des Menschen.
Die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes, Irmgard Griss, sieht die Demokratie aus verschiedenen Gründen gefährdet: Durch die Verunsicherung der Menschen würden extremistische Kräfte Wählerstimmen gewinnen, indem sie versprechen, die vermeintlich „wahre Demokratie“ zu bringen. Für eine gut funktionierende Demokratie brauche es aber Vorbilder und eine Herzensbildung, die ein Verständnis für Anstand vermittle. Dazu brauche es „verschiedene Keimzellen in der Gesellschaft“, wie Vereine, die Familie und Bürgerräte.
Quelle: Kathpress
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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