Weltkirche
Hoffnung auf Neues
Syrien. Nach Sturz von Machthaber Bashar al-Assad vieles unklar. Christen hoffen auf gute Zukunft.
Der Fall von Damaskus markiert einen Wendepunkt in Syrien: Am frühen Sonntagmorgen (8. 12.) hallten Schüsse durch die syrische Hauptstadt, jedoch handelte es sich um Freudenschüsse. Die Menschen feierten das Ende der Assad-Dynastie. Kardinal Mario Zenari, Apostolischer Nuntius in Syrien, zeigte sich erleichtert über den friedlichen Machtwechsel und richtete einen eindringlichen Appell an die internationale Gemeinschaft, die Sanktionen gegen das Land aufzuheben, um den Wiederaufbau zu ermöglichen. Es scheine, „als wäre ein Problem gelöst, das so viel Leid gebracht hat. Entscheidend ist, dass es ohne Blutvergießen geschah“, so der Papst-Botschafter. Versöhnung und Hoffnung auf ein friedliches Zusammenleben hätten nun oberste Dringlichkeit.
Gemischte Gefühle. Rebellen der Hayat Tahrir al-Sham (HTS), einem islamistischen Bündnis verschiedener Milizen, hatten Damaskus eingenommen, nachdem zuvor Aleppo und Homs gefallen waren. Das Schicksal von Ex-Präsident Bashar al-Assad blieb zuerst unklar; inzwischen bestätigte der Kreml, dass Assad in Moskau Asyl erhalten habe. Die Menschen vor Ort hätten gemischte Gefühle, erzählte der in Wien lebende syrische Priester Hanna Ghoneim. Er sprach von „Freude und Angst. Freude, dass etwas Neues kommen wird und Angst vor dem Chaos.“
Die letzten Tage seien sehr schwierig gewesen, erzählt der griechisch-orthodoxe Metropolit Ephraim von Aleppo, da viele Einwohner aus Angst vor dem Einmarsch der Rebellen in aller Eile geflohen seien. „Wir waren besorgt und unsicher, was mit uns Christen passieren würde, wenn die Rebellen die Kontrolle über die Stadt übernehmen.“ Den Christen sei aber versichert worden, dass ihnen nichts zustoßen werde.
Auch der Ordensobere der Franziskaner in der syrischen Hauptstadt Damaskus, Pater Firas Lutfi, blickt nach dem Fall des Assad-Regimes abwartend, aber hoffnungsvoll in die Zukunft. Nach der Machtübernahme der islamistischen HTS-Miliz mit ihrem Anführer Muhammad al-Dschaulani gelte nun, dass deren Versprechungen gegenüber Minderheiten im Land auch in die Tat umgesetzt werden müssten. Fanatiker dürften nicht das Sagen haben.
Flüchtlinge. Vor Beginn des Krieges 2011 hatte Syrien rund 21 Millionen Einwohner. Mindestens 5,5 Millionen davon flohen seither ins Ausland. Mehr als 6 Millionen wurden zu Flüchtlingen im eigenen Land. Die Caritas Steiermark betreut aktuell 615 Menschen aus Syrien in der Flüchtlingsregionalbetreuung und 119 Menschen aus Syrien in eigenen Quartieren. Ein Statement von Caritas-Vizedirektor Erich Hohl finden Sie in der linken Spalte.
Quelle: Kathpress
Flüchtlinge
Lage noch zu unübersichtlich
Caritas warnt vor übereilten Reaktionen.
Die Ankündigungen von Kanzler Nehammer und Innenminister Karner, die Asylverfahren für syrische AsylwerberInnen auszusetzen und ein Abschiebeprogramm einzuleiten ist aus Sicht von Erich Hohl, Vizedirektor der steirischen Caritas und Integrationsbeauftragter der Diözese „unseriös und entbehrt jeglicher rechtlicher Grundlagen.“
Eine ernsthafte Neubewertung der Situation syrischer AsylwerberInnen bräuchte eine genaue Prüfung der Situation vor Ort. Und die sei nach dem Sturz von Baschar al-Assad völlig unübersichtlich und schwer einzuschätzen. Für eine Neubewertung sei es also viel zu früh, hält Hohl fest. „Aktuell haben wir es in Syrien mit keiner legitimierten Regierung zu tun und es gibt daher keine Ansprechpartner für etwaige Verhandlungen“, erklärt er und fasst zusammen, dass es keine schnelle Lösung geben werde und könne.
Hohl hofft für und mit den Syrerinnen und Syrern „sowohl jenen, die geflohen sind als auch jenen, die im Land leben, dass nun die Grundlagen für ein friedliches Zusammenleben der Bevölkerungsgruppen und Religionsgemeinschaften geschaffen werden können.“
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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