Ehrenamt
Das Gesicht vor Ort
Als pfarrliche KoordinatorInnen sind Monika Melbinger und Karl Farmer in ihren Pfarren St. Bartholomä und Ligist ehrenamtlich tätig. Was sind ihre Aufgaben? Was macht ihnen daran Freude? Das und mehr haben wir sie gefragt – zum Anlass des Internationalen Tages des Ehrenamtes am 5. Dezember.
Mit Pfarrkoordinatorin hat mich noch keiner angesprochen“, lacht Monika Melbinger aus der Pfarre St. Bartholomä im Seelsorgeraum Rein. 2019 hat sie diese ehrenamtliche Tätigkeit offiziell übernommen, doch eigentlich mache sie es „schon immer“ – so formulierte es jedenfalls Pfarrer P. Paulus Kamper, als er Monika Melbinger darauf ansprach. „Pater Paulus hat von diesem neuen Ehrenamt in der Diözese erfahren und gemeint, dass es für mich passen würde“, erklärt die kommunikative 58-Jährige. In der Pfarre engagiert sie sich, seit ihre Tochter das erste Mal bei der Sternsinger-Aktion dabei war. Die Leiterin fragte damals die Kinder, ob jemand Sternsingergewänder nähen könne, und ihre Tochter sagte sofort: „Meine Mama ist Schneiderin!“. Dass ihre Familie ganz hinter ihrem Engagement steht, ist ihr wichtig. „Bei uns ist die ganze Familie ehrenamtlich sehr beschäftigt“, schmunzelt sie.
„Die Kirche braucht ein Gesicht vor Ort“, ist Karl Farmer aus der Pfarre Ligist überzeugt. Der Universitätsprofessor in Ruhe hat diese Aufgabe 2020 ehrenamtlich als pfarrlicher Koordinator übernommen. Doch er war den Menschen vor Ort kein Unbekannter. Viele Jahrzehnte engagiert er sich schon in der Pfarre, einige Zeit davon auch als Vorsitzender des Pfarrgemeinderates. Durch krankheitsbedingte Einschränkungen des langjährigen Pfarrers „habe ich diesen Dienst seit zwei bis drei Jahren sozusagen informell bereits getan“, erzählt Karl Farmer. Die offizielle Beauftragung durch den Seelsorgeraumleiter und das gute Miteinander mit dem Pastoral-Team (anstelle eines Pfarrgemeinderates) freut den 73-Jährigen.
Klar vereinbarte Aufgaben
Erreichbar sein und Auskunft geben können – so fasst die pfarrliche Koordinatorin der Pfarre St. Bartholomä den Kern ihrer Tätigkeit zusammen. Übers Telefon, aber auch persönlich erreichen sie beispielsweise Taufanfragen, sie nimmt Mess-Stipendien entgegen, gibt Terminauskünfte und ist Ansprechpartnerin bei Todesfällen. Auf die Frage, ob es ihr manchmal zu viel wird, besonders am Wochenende, antwortet sie, ohne zu zögern: „Wenn jemand wirklich in Not ist oder Hilfe braucht, kann ich mir immer ein paar Minuten Zeit nehmen!“ Und am Wochenende kämen nur wirklich dringende Anrufe, fügt sie erklärend hinzu. Mit „ihren“ Sankt Bartholomäern kann sie sich sehr glücklich schätzen, ist Monika Melbinger sicher.
Als Koordinator sei er zwar Ansprechperson in der Pfarre, aber nicht für alles zuständig. „Ich nehme mich bewusst selbst zurück und äußere mich nur, wenn ich gefragt werde oder wenn das Pastoralteam mich braucht“, beschreibt Karl Farmer seinen Umgang mit seinem ehrenamtlichen Dienst. So versteht er sich nämlich: „als Dienstperson, die helfen möchte“, und da dürfe man „sich selber nicht so wichtig nehmen“, fügt er hinzu. Seine Tätigkeiten sind außerdem in einer schriftlichen Vereinbarung klar ausformuliert.
Aufmerksam sein und die Bedürfnisse der Pfarrbevölkerung wahrnehmen nennt er als ersten Punkt von seiner Aufgabenliste. „Das habe ich schon früher gemacht, aber jetzt kann ich mir besser Zeit dafür nehmen.“ Natürlich heißt das nicht, dass er nun alle Wünsche erfüllen könne, aber „ich nehme Anregungen entgegen, und bei Konflikten überlege ich Lösungsmöglichkeiten“. Ihm ist wichtig, dass verschiedene Frömmigkeitsstile Platz haben. Dass es in der Pfarre keine Grüppchenbildung gibt, wo gegeneinander gearbeitet wird, macht ihn sehr froh.
Ehrenamtliche gewinnen
Da das Leben in Pfarren hauptsächlich aus Ehrenamtlichen besteht, hält Monika Melbinger immer die Augen nach potenziellen neuen Engagierten für die Pfarre offen. „Dazu muss man auch rausgehen und nicht nur Kirchgänger anreden“, weiß sie aus Erfahrung. Ihr Geheimrezept verrät sie gern: „Ich lasse mir das Pfarrgebiet durch den Kopf gehen – Ortschaft für Ortschaft –, und dann fällt mir meistens jemand ein, bei dem ich anrufen und nachfragen kann.“ Und es scheint zu klappen. 14 neue Freiwillige konnte sie für das Pfarrfest gewinnen.
Karl Farmer, der als Delegierter seines Seelsorgeraumes im Diözesanrat ist, hält in seiner Funktion als pfarrlicher Koordinator Kontakt in viele Richtungen: zum Seelsorgeraum-Leitungsteam, zu Diözesanstellen, zur kommunalen Politik und zu örtlichen Vereinen. Gerade der letzte Punkt ist ihm sehr wichtig. „In Ligist gibt es ein starkes Vereinsleben – neben Feuerwehr, Musik und Kameradschaftsbund. Wenn da Anliegen auftauchen, landen sie bei mir“, erzählt er.
Vertraulichkeit garantiert
Das Schönste für Monika Melbinger ist der Kontakt mit den Leuten und „wenn ich merke, dass ich jemandem weiterhelfen konnte“. Immer wieder kommen Menschen auch mit belastenden Situationen und schütten ihr das Herz aus, „denn sie wissen, bei mir wird alles vertraulich behandelt“, erzählt sie. Manches Schwere beschäftigt sie selbst weiter. „Man muss schauen, dass man so etwas in der Pfarre lässt und nicht mit heim nimmt“, erklärt die lebensfrohe Frau.
Auch mit Pater Paulus Kamper, den für St. Bartholomä zuständigen Priester, könne Monika Melbinger schwierige Situationen besprechen. Eine gute Gesprächsbasis mit dem Seelsorgeraumleiter und anderen zuständigen Priestern ist auch für Karl Farmer wichtig und erfreulicherweise gegeben: „Ich war sehr froh, dass das Team in Voitsberg sofort bereit war, die Pfarre Ligist priesterlich mitzuversorgen, als unser Pfarrer krank wurde.“
Weniger Bequemlichkeit, mehr Spielraum
Beide, Monika Melbinger und Karl Farmer, loben die gute Zusammenarbeit mit den Informationsdrehscheiben und Wissenszentren der Pfarren: den Pfarrsekretärinnen. Einmal in der Woche zu den Kanzleistunden schauen sie vorbei, um auf dem Laufenden zu bleiben. In ihrem Dienst Grenzen setzen müssen beide immer wieder. „Manchmal muss ich Leuten sagen: So wird’s nicht gehen“, erzählt Karl Farmer. Das kann schwer sein, aber „ich versuche es in anderer Form als früher, wo man einfach drübergefahren ist“.
Die neuen kirchlichen Strukturen böten weniger Sicherheit, teilt Karl Farmer seine Einschätzung: „Es ist nicht mehr so einfach und bequem wie damals, als jede Pfarre einen eigenen Priester hatte“, erklärt er. Aber dafür gebe es im aktuellen System „viel mehr Spielraum und Möglichkeit zur Partizipation“, was die Menschen auch zu schätzen wüssten, ist Farmer überzeugt, sodass Pfarrleben auch zukünftig gelingen kann.
Katharina Grager
ZUR SACHE
Pfarrliche KoordinatorInnen sind Ansprechpersonen vor Ort. Als erste Anlaufstelle sind sie Bindeglied zu den Verantwortlichen im Seelsorgeraum und unterstützen das kirchliche Leben.
Einige Aufgaben:
- Aufmerksam sein: Stimmungen und Entwicklungen vor Ort, Mängel, Bedarf an Ressourcen oder notwen-diges Handeln wahrnehmen.
- Aufmerksam machen: Anliegen, Bedarf und Ideen an zuständige Stellen weitergeben
- Kontakte vermitteln: Anfragen und Anliegen von Menschen aufnehmen, soweit wie möglich beantworten, an zuständige Personen weiterleiten oder eine Kontaktmöglichkeit mit diesen herstellen.
- Kleinere organisatorische Aufgaben übernehmen: z. B. Sorge um Annahme von Lieferungen etc.
Die Aufgabe kann auch in einem Team von zwei bis drei Personen ausgeübt werden.
Mehr über die vielfältigen Möglichkeiten im kirchlichen Ehrenamt finden Sie unter www.katholische-kirche-steiermark.at/ehrenamt
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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