Gastbeitrag zur Kurienreform
Tiefenreinigung
Mit dem Päpstlichen Gesetz „Praedicate Evangelium“ hat Papst Franziskus – wie berichtet – der Römischen Kurie am 19. März eine neue Struktur verpasst. Erwartet worden war die Veröffentlichung der Konstitution bereits seit Jahren, da die Arbeiten an der Kurienreform unmittelbar nach Beginn des Pontifikats im April 2013 begonnen hatten.
Organisationsentwicklerisch ist bemerkenswert, dass Papst Franziskus nicht nur mit flachen, kaum in die Tiefe gehenden Veränderungsansätzen zur Verschlankung der Kurie angesichts sinkender Finanzmittel agiert. Franziskus möchte einen vertikal angelegten Veränderungsprozess – das zieht sich wie ein roter Faden durch sein Pontifikat. Derartige Prozesse zielen durch biblische Auftragsvergewisserung auf grundlegende Mentalitäts- und Handlungsveränderungen ab.
Frohe Botschaft. Die Überzeugung des Papstes ist, dass eine nachhaltige Erneuerung der Kirche nur aus der Wurzel heraus erfolgreich sein kann. So setzt Franziskus an der ‚Wurzel‘ an, indem er Evangelisierung zur ‚Chefsache‘ macht. Seit seinem Amtsantritt und seinem ersten Apostolischen Schreiben „Evangelii Gaudium“ verortet der Papst den gesamtkirchlichen Auftrag, den Menschen das Evangelium zu verkünden, an der Spitze der kirchlichen Agenda. An der Kurie wird er künftig persönlich Präfekt des neuen Dikasteriums für die Evangelisierung, welches die Glaubenskongregation in der Rolle der ‚Suprema‘ ablösen wird.
Revolution. Kirchenrechtliche Sprengkraft hat die Entscheidung, dass an der Kurie in Fragen der Leitung künftig die Kompetenz höher gewertet wird als die sakramentale Weihe. Dikasterien können ab Pfingsten bis auf wenige Ausnahmen von Laien geleitet werden. Dies gleicht einer Revolution, im bisherigen Gesetz über die Römische Kurie „Pastor Bonus“ aus dem Jahr 1988 war das noch dezidiert ausgeschlossen. Dass dabei in manchen Punkten noch Klärungsbedarf besteht, hat der Kirchenrechtler Gianfranco Ghirlanda im Rahmen der Vorstellung von „Praedicate Evangelium“ eingeräumt. Auch was das für die Ämterstruktur auf Ebene der Ortskirchen heißt, wird sich zeigen. Der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz hat auf jeden Fall schon verlautbart, dass seiner Ansicht nach die Diözesen aufgefordert sind, ihre Strukturen neu zu denken.
Change-Management. Würde der päpstliche Reformprozess über die Kurie hinaus auch in den Teilkirchen einwurzeln, könnte das kirchliche Change-Management des Papstes noch mehr an Tiefe gewinnen und so zu nachhaltigen Veränderungen führen. Die Erfolgswahrscheinlichkeit von horizontalen Change-Prozessen liegt im deutschen Sprachraum bei rund 20 %. Franziskus möchte mit seiner Reform von der Kurie aus in die Vertikale, er möchte an der Wurzel des Evangeliums ansetzen – dieser Weg ist beschwerlicher, jedoch nachhaltiger!
Andreas Graßmann lehrt Kirchenrecht in Salzburg.
Autor:Monika Slouk |
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