Meditation
Wie ist es im Himmel?

Foto: Klass

Wie ist es im Himmel? – Gleich wie im Fegefeuer, nur ohne Telefon. So hat es ein Scherzbold ausgedrückt, der das Telefon nicht nur als segensreiche Einrichtung erlebt. Wie ist es im Himmel? Gleich wie in der Pfarre, nur ohne Sitzungen, könnte vielleicht einer diese heitere Wahrheit abwandeln, dem Bürokratie und Besprechungsmanie in der Kirche schon zu viel werden.

Ganz sicher aber ist es im Himmel so, wie es John Wesley, ein Begründer der Methodistenkirche, erlebt haben soll. Er hatte in der Hölle angefragt, ob es dort Katholiken, Lutheraner, Anglikaner und Methodisten gebe. Ja. Erschrocken begab er sich zur Himmelspforte, um dort zu fragen: „Gibt es hier Katholiken?“ – „ Nein.“ – „Gibt es Lutheraner?“ – „Nein.“ – „Anglikaner?“ – „Nein.“ – „Aber doch wohl Methodisten?“ – „Nein“, lautete die Antwort, „hier gibt es nur Christen.“

So wird der Himmel wohl sein. Da wird es keine Konservativen und keine Progressiven geben. Keine Befreiungstheologen, weil alle befreit sind. Keine Charismatiker, weil alle vom Geist erfüllt sind. Kein Opus Dei, weil hier alles Werk Gottes ist. Keine Feministinnen, weil vor Gott Frau und Mann völlig gleich sind. Keine Generationenprobleme, weil alle in der Ewigkeit sind. Nicht einmal wegen Bischofsernennungen braucht man sich Sorgen zu machen, weil wir alle vor dem Hohenpriester Christus stehen. Die irdische Kirche kennt alle diese Gruppierungen und Sorgen noch. Vielleicht drückt sogar jede einen Aspekt des Himmels aus.
Nur: So krampfhaft braucht das alles nicht zu sein, so todernst und resigniert. Im Himmel wird ja alles gleich sein wie in der Kirche – nur ohne Gruppen und Positionskämpfe.

Herbert Meßner (1953–2024)
„Aus meiner Sicht“, Nr. 41, 9. Oktober 1988.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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