Leben im Heiligen Land | Teil 07
Wer soll das bezahlen? Ohne Geld geht’s nicht

Die Steuermünze zur Zeit Jesu mit dem Bild des Kaisers Tiberius. | Foto: Archiv
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Im Alltag der Menschen zur Zeit Jesu regierte das Geld schon damals die Welt. Münzen spiegelten die Zeitenläufe, die politischen und wirtschaftlichen Ge-schehnisse wider. Neue Kaiserbilder zeigten den Wandel der Zeitgeschichte. Einer, der der Macht des Geldes verfallen war, hieß Levi. Er saß an der Zollstätte in der Grenzstadt Kafarnaum. Ausgerechnet ihn hatte Jesus in seinen engen Jüngerkreis berufen: Aus Levi wurde unser Evangelist Mat-thäus. Er müsste es eigentlich am besten wissen, wie die Leute damals mit dem Geld umgegangen sind. Stellen wir ihm ein paar handfeste Fragen:

Matthäus, wie waren die steuerlichen Verhältnisse zu Eurer Zeit?

Das Land unterlag der Tributhoheit des Römischen Reiches. König Herodes ließ die von ihm und die von den Römern geforderten Steuern durch eigene Untergebene erheben. Die Menschen stöhnten sehr unter den Steuerlasten und über die Härte der Eintreibung. Keiner konnte sich ihr entziehen.

Im Jahre 6 wurde Judäa unmittelbar unter römische Steuerhoheit gestellt. Die Prokuratoren ließen direkte Grund- und Kopfsteuern einziehen. Die indirekten Steuern, vor allem die Zölle und Wegegelder, wurden von Pächtern erhoben. Ich war einer von ihnen. Nicht selten wirtschafteten wir in die eigene Tasche. Eine Anzahl religiöser Abgaben kam hinzu. Vor allem der Zehnte, der den Priestern und Leviten zufloss, und die Tempelsteuer.

Die Gegner Jesu stellten ihm eine Fangfrage nach der Steuermünze – für oder gegen den Kaiser. Wie siehst Du das?

Diese scheinheiligen Typen wollten ihm eine Falle stellen. Deshalb traten sie mit der Frage an ihn heran: „Ist es nach deiner Meinung erlaubt, dem Kaiser Steuern zu zahlen, oder nicht?“ (Mt 22,17). Jesus durchschaute ihre böse Absicht. Er ließ sich ein Silberstück zeigen. Voller Spannung richteten sich ihre Augen auf ihn. Stand er zur römischen Obrigkeit, dann war er ein Feind des Volkes. Lehnte er die kaiserliche Steuer ab, stellte er sich gegen die Besatzungsmacht und galt als Aufrührer. Die Antwort Jesu war ein Meisterstück diplomatischer Kunst: „Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört“ (Mt 22,21).

Mit diesen Worten machte Jesus deutlich, dass er nicht ein nationaler Befreier und politischer Erlöser sein wollte.

Wie verhielt es sich mit der sozialen Gerechtigkeit? Du hast ja selbst das Gleichnis Jesu von den Arbeitern im Weinbergaufgeschrieben (Mt 20, 1-16). Wäre das nicht ein Fall für die „Gewerkschaft des Weinbaus“ gewesen?

Auf dem Marktplatz standen immer viele Arbeitslose herum. Ein Weinbergbesitzer warb früh am Morgen einige von ihnen an. Die Tagelöhner wussten: Am Abend werden sie ausgezahlt. Bei der Verabredung handelte es sich um den üblichen Tageslohn von einem Denar. Die Arbeitszeit begann mit dem Aufgang der Sonne und endete mit ihrem Untergang.

Hier ging es um einen mittelständischen Winzerbauern. Gegen neun Uhr eilte er nochmals auf den öffentlichen Platz. Das Gleiche tat er um die Mittagszeit und um drei Uhr nachmittags. Selbst um fünf Uhr fand er noch einige Arbeitswillige, die für ihn nur noch eine Stunde zur Verfügung standen. Nach Sonnenuntergang erfolgte die Lohnauszahlung. Nun erhielten jene, die nur eine Stunde gearbeitet hatten, einen Denar. Die anderen, die sich zwölf Stunden lang in der Hitze geplagt hatten, erwarteten jetzt natürlich eine weitaus höhere Vergütung. Als sie auch nur ein Silberstück auf die Hand bekamen, steigerte sich ihre Überraschung in Empörung. Doch der Weinbergbesitzer wies ihre Einwände zurück mit dem Hinweis auf den vereinbarten Lohn. Damit machte Jesus den großzügigen Stil göttlicher Gerechtigkeit deutlich: Durch die Auszahlung eines Denars an jeden, selbst an die Männer der letzten Stunde, war auch ihnen und ihrer Familie das Brot für den nächsten Tag gesichert.

Wer galt damals um das Jahr 30 in Judäa als arm? Kannst Du uns die Geschichte mit dem Scherflein der armen Witwe etwas näher erklären (Mk 12, 41-44)?

Der Grenze der Armut lag bei 200 Denaren Vermögen.

Eine Witwe war vor allem auf die Hilfe ihrer Angehörigen angewiesen, insofern sie welche hatte. Ansonsten befand sie sich in einer misslichen, geradezu verzweifelten Lage. Ein Beispiel dafür ist die Witwe von Nain, deren einziger Sohn und Ernährer gestorben war (Lk 7,11-15).

Jesus beobachtete die Spendenfreudigen bei ihrem Geldopfer. Dort bemerkte er eine arme Witwe. Sie warf zwei Lepta in den Behälter. Damit hatte sie alles hergegeben, was sie an materiellen Gütern besaß. Ihre Spende bedeutete ein wirkliches Opfer.

Danke, Matthäus, für dieses offene Gespräch.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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