Heute von Gott erzählen | Teil 1

Warum es Sinn macht, über Gott nachzudenken

Mit Bernhard Körner em. Univ.-Prof. für Dogmatik an der Universität Graz

„Aus der Werkstatt“ (s)eines Buches berichtet Bernhard Körner. – Eine Hinführung zur SONNTAGSBLATT-Serie über sein Buch zu den Grundfragen des Glaubens.

1.
„Genug über den Menschen geredet. Es ist Zeit, von Gott zu sprechen.“ Diesen Satz habe ich zur Zeit meiner Matura im Buch Gedanken hinter Gittern des russischen Dissidenten Abram Terz-Sinjawski gefunden.

2.
Für Abram Terz war das verordnete Schweigen über Gott in einer atheistischen Diktatur der Anlass für seine Aufforderung. Aber auch in unserer Gesellschaft ist sein Wort aktuell. Man scheint oft ohne Gott auszukommen. Er ist ein Thema der Vergangenheit. Die Religionskritik ist in der breiten Öffentlichkeit angekommen… Freilich – im vertrauten Kreis ist es oft anders, da gibt es Interesse und Fragen. Aber oft weiß man nicht, wohin man sich damit wenden kann.

Auch in der Kirche ist Gott selten ein Thema. Die sogenannten „heißen Eisen“ werden auf jeden Fall häufiger diskutiert. Es scheint manchmal, als wäre Gott eine Selbstverständlichkeit. Man könne ihn voraussetzen. Aber: Was sagen Sie, wenn Sie jemand fragt, wer Gott ist? Und in einer Spanien-Reise hat Papst Johannes-Paul II. sogar von einer Gottesfinsternis gesprochen, die unsere Gesellschaft präge.

3.
Mit einem Buch, dem ich den Titel Gott ist der Rede wert gegeben habe, wollte und will ich einen kleinen Beitrag für unser Christsein in dieser Situation geben. Dieses Buch, das in den kommenden Nummern des Sonntagsblattes vorgestellt werden soll, will zeigen:

• dass es sich lohnt, über Gott nachzudenken,
• dass das auf vernünftige
  Weise möglich ist, und
• dass es möglich ist, kritischen Einwänden zu erwidern.

Das Buch sollte kein Buch für die Diskussion unter Theologen sein, sondern ein Buch für nachdenkliche und fragende Christinnen und Christen. Eine Bestärkung für Verunsicherte und eine verlässliche Auskunft für die, die sich nicht mit Schlagworten zufriedengeben wollen.

4.
Manche werden sich beim Lesen fragen, warum der Verfasser als Priester nicht mit dem Evangelium beginnt und das Gottesbild des christlichen Glaubens entfaltet.
Das hat zwei Gründe. Zum ersten sollen nicht nur Christinnen und Christen angesprochen werden, sondern fragende Menschen, die sich nicht als gläubige Menschen verstehen.
Zum anderen können (und manchmal: müssen) sich auch Christen fragen, ob es vernünftige Gründe gibt, davon auszugehen, dass es eine Wirklichkeit gibt, die wir Gott nennen. Oder etwas philosophischer: Kann man Gott denken?

5.
Der Titel des Buches – Gott ist der Rede wert – kann allein schon Anlass zum Nachdenken sein: Wie kann man über Gott sprechen? Wie kann man das, ohne ihn zu vermenschlichen? Oder man kann an das Schweigen der Mystiker denken, die in ihren tiefsten Erfahrungen keine Worte mehr gefunden haben. Können also nur Experten über Gott sprechen? Aber dagegen spricht ja Jesus selbst mit seiner einfachen und verständlichen Sprache.

6.
„Gott einen Ort sichern“ – das hat die französische Sozialarbeiterin und Mystikerin Madeleine Delbrêl († 1964) als Aufgabe von Christinnen und Christen in einer atheistischen Umwelt gesehen. Und damit müssen wir bei uns selbst beginnen.
Wenn wir das Beispiel großer Christinnen und Christen der letzten hundert Jahre ernst nehmen (z. B. Thérèse von Lisieux, Mutter Teresa, Charles de Foucauld, Madeleine Delbrêl), dann entdecken wir: Es braucht ein behutsames und authentisches Sprechen über Gott, es braucht aber auch das Beten, das Sprechen zu Gott. Und es braucht den Dienst am Nächsten – auch darin kommt Gott zur Sprache.

BUCHTIPP
Gott ist der Rede wert.
Warum es Sinn macht,
über Gott nachzudenken,
echter 2022, 176 Seiten, 17,40 EUR – Bestellungen: