Christentum - Ein Reiseführer | Etappe 022
Von Gott geschaffen
Gott als der Schöpfer
Das Christentum beantwortet diese Frage, indem es davon spricht, dass Gott die ganze Welt aus dem Nichts ins Dasein gerufen hat. Zur christlichen Schöpfungsvorstellung gehört, dass Gott sich bleibend als Herr des Lebens erweist und bewirkt, dass in der Welt immer wieder neues Leben entsteht. Da-rüber hinaus ist die christliche Schöpfungsvorstellung auf die Verheißung ausgerichtet, dass Gott Horizont des Lebens ist und seine Schöpfung am Ende der Zeit ihrer Vollendung entgegenführt.
Auf den ersten Seiten der Bibel finden sich zwei Texte, die für das Schöpfungsverständnis des Judentums und des Christentums von zentraler Bedeutung sind und aufgrund ihrer sprachlichen Schönheit zudem zur Weltliteratur gehören: die beiden Schöpfungserzählungen des Buches Genesis. Die beiden Texte sind im Abstand von rund 500 Jahren entstanden und erzählen je auf ihre Weise von dem gottgewirkten Ursprung der Welt. Diese zentrale religiöse Aussage verbinden sie mit dem Weltwissen ihrer Zeit. Während der erste Text eine Kosmologie entwirft, also beschreibt, wie es zum Werden der Welt kam, widmet der zweite sich der Frage, wie es sein kann, dass in einer ganz auf den guten Gott zurückgehenden Schöpfung auch das Böse existiert.
Historische Fragen – mythologisches Denken
Wenngleich die beiden Texte die Entstehung der Welt in ihren Abläufen ganz unterschiedlich beschreiben, so stimmen sie in ihrer zentralen Aussage doch überein. Diese spricht davon, dass die ganze Welt auf Gott zurückzuführen ist. Er ist derjenige, der den Anfang setzt, die Welt erschafft und das Leben ins Dasein ruft. Er ist es auch, der dieses Leben wohlwollend begleitet und ein gedeihliches Umfeld schafft, indem er für Nahrung ebenso sorgt wie für Ruhe.
Die Frage, wie dies im Einzelnen vor sich gegangen ist, spielt dabei für beide Texte nur eine nachgeordnete Rolle. Keine dieser Antworten beansprucht dabei, auf einen historischen Ursprung zurückzublicken. Das Wissen der Zeit reichte in der Regel nur wenige Generationen, allenfalls ein Jahrhundert zurück. Wer über diese Zeiträume hinausgehen wollte und nach der Frühzeit fragte, dem war klar, dass diese Frühzeit nur im Mythos und damit in bildhaften Vorstellungen zugänglich war.
Weil Bilder sich in ihrer Gesamtaussage ergänzen, stört mythologisches Verständnis sich nicht daran, wenn eine Aussagenvielfalt entsteht. Erst für das moderne Verständnis, das sich den beiden Texten nicht mehr unter einem mythologischen, sondern unter einem historischen Blickwinkel nähert, entstehen Widersprüche.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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