Leben im Heiligen Land | Teil 06
Verliebt, verlobt, verheiratet

Die Freundinnen der Braut erwarten mit ihr den Bräutigam, wie es heute noch in dem christlichen Dorf Taybeh Sitte ist, das dem biblischen Ephraim entspricht (Joh 11,54). | Foto: Fleckenstein
  • Die Freundinnen der Braut erwarten mit ihr den Bräutigam, wie es heute noch in dem christlichen Dorf Taybeh Sitte ist, das dem biblischen Ephraim entspricht (Joh 11,54).
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Die alttestamentliche Gesetzgebung verstand die Ehe als ein klar umrissenes Rechtsverhältnis, dessen Zustandekommen ganz bestimmten festgelegten Bedingungen unterlag.

Die freie Partnerwahl wurde dabei sehr klein geschrieben. Das ehefähige Alter für einen Sohn wurde mit 18 festgesetzt. Das Mädchen wurde verheiratet, sobald es seine Geschlechtsreife erreicht hatte, das entsprach nach dem Gesetz einem Alter von zwölfeinhalb Jahren. In den meisten Fällen waren es die Väter, die in diesem Punkt das Sagen hatten. Nach seinem Tod ging dessen Autorität auf den ältesten Bruder des Mädchens als Vertreter der Familie über.

Der eigentlichen Eheschließung ging eine Zeit der Verlobung vo-
raus, diese verpflichtete die beiden jungen Menschen zur Eheschließung und vorehelichen Treue (Dtn 22,23–27).

Gleichzeitig vollzog sich eine Art Kaufvertrag zwischen dem Vater des zukünftigen Ehemannes und dem Vater der Braut. Die Zahlung des Brautpreises, des so genannten Mohar, an den Brautvater wurde durch den Bräutigam oder dessen Vater geleistet. Die Hochzeit war die Heimholung der in der Verlobung versprochenen Braut und wurde zum Anlass großer Freude. Jesus selbst bezieht sich mehr als einmal auf dieses Freudenfest, ja er vergleicht sich selbst mit dem Bräutigam und gibt seinen Gegnern zu verstehen, dass die Hochzeitsgäste nicht trauern können, solange der Bräutigam bei ihnen ist (Mt 9,15). Ja er wird selbst zum Freudenmeister bei der Hochzeit zu Kana (Joh 2).

Einer der wichtigsten Augenblicke war der Eintritt der Braut ins Haus ihres Bräutigams am Abend vor der Hochzeit. Der Bräutigam holte in Begleitung seiner Freunde die in der Verlobung Versprochene heim. Er war festlich geschmückt (Jes 61,10). Der Freund des Bräutigams fungierte als Zeremonienmeister und galt als eine wichtige Figur bei der ganzen Feierlichkeit (Joh 3,29).

Nun wurde das Mädchen dem Bräutigam übergeben. Die Eltern sprachen ein Segensgebet über ihre Tochter, übrigens die einzige religiöse Handlung bei der Eheschließung.

In Anwesenheit ihrer Freundinnen und unter Tanz, Jubel und Musik wurde die Erwählte in das Haus des Bräutigams geleitet, dieser umhüllte die ihm Angetraute mit seinem Mantel als Symbol für den ehelichen Schutz (Rut 3,9).

Der Abend wurde unter Gesang und Spiel verbracht. Während der Bräutigam in vollen Zügen daran teilnahm, zog sich die Braut zurück. Gegen Abend brachten die Gäste ihre Geschenke. Ein opulentes Mahl wurde aufgetragen, wobei Männer und Frauen in getrennten Gruppen speisten.

Die Freundinnen der Braut erwarteten mit ihr sehnlichst den Bräutigam, der sich immer noch bei seinen Freunden aufhielt. Endlich erschallte in der Nacht der Ruf: „Der Bräutigam kommt“, wie es uns der Evangelist im Gleichnis von den zehn Jungfrauen erzählt (Mt 25,6).

Die Mädchen eilten dem Bräutigam mit Lampen entgegen und begleiteten das Hochzeitspaar in ihr Schlafgemach.

Ihre Vollendung erfuhr die Eheschließung durch ihren Vollzug im Einswerden von Mann und Frau.

Eheliche Untreue wurde in biblischer Zeit als ein schweres Delikt angesehen. Eine Ehefrau, die man beim Ehebruch ertappte, wurde gesteinigt (Dtn 22,21). So sollte es auch mit der Ehebrecherin geschehen, die man vor Jesus zerrte, damit er sein Urteil über sie spreche (Joh 8,1–11).

Auch dem Mann, der mit einer verheirateten oder verlobten Frau erwischt wurde, blühte das gleiche Schicksal.

Während die Ehe von ihrem Wesen her schöpfungsgeschichtlich von Gott eingesetzt und als unauflöslich galt, so wurde die Scheidung zwar nicht ausdrücklich verboten, sondern eher toleriert, wenn sich kein anderer Ausweg mehr bot. Der Mann musste diesen seinen Entschluss öffentlich mit der Formel kundtun: „Sie ist nicht mehr meine Frau, und ich bin nicht mehr ihr Mann“ (Hos 2,4).

Die Geschiedene kehrte gewöhnlich in ihr Elternhaus zu-rück. Dort durfte sie wie in ihrer Jugend vom Brot ihres Vaters essen (Lev 22,13).

Die Pharisäer wollten Jesus bezüglich der Ehescheidung eine Falle stellen: Er antwortete ihnen mit den Worten der Schrift: „Nur weil ihr so hartherzig seid, hat Mose euch erlaubt, eure Frauen aus der Ehe zu entlassen. Am Anfang war es nicht so“ (Mk 10, 5).

Und damit wird eine klare, unmissverständliche Aussage ge-macht: Jenseits aller mosaischen Vorschriften steht die Heiligkeit der Ehe, weil sie von Gott eingesetzt ist. Und was Gott verbunden hat, darf der Mensch nicht trennen.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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