Oldies but Goldies | Teil 02
Scheinbar stumpf Dösende sind höchst konzentriert
Vergissmeinnicht (Bild oben) – für alte Menschen ist der Name der Blume oft nur ein frommer Wunsch. Sie vergessen eben. Von Alzheimer, Demenz, Altersverwirrtheit und vielem mehr ist die Rede. Wie gehe ich praktisch damit um?
Alte Menschen werden „müde und langsam“, schildert Elisabeth Stepanek, diözesane Referentin für Altenpastoral. Sie stehen im Weg herum und brauchen öfter Erholungsphasen. Das sei gesellschaftlich nicht akzeptiert, denn „alles muss schnell gehen“. Müde sein „darf man nicht“, es gelte als Zeichen der Schwäche. Sie aber wolle den „Wert der Müdigkeit“ ins Blickfeld rücken. Es gelte, das „gelebte Leben“ des alten Menschen zu achten. Nicht als Defizit will Stepanek die Müdigkeit sehen, sondern als Ausdruck einer reichen Lebensgeschichte. Dazu gehöre auch alles, was „nicht gelebt“ worden sei.
Im Pflegeheim dösen schon im Eingangsbereich Menschen vor sich hin. Scheinbar könne man sie nicht erreichen. Doch wenn sie „nicht ansprechbar und weit weg“ seien, halten sie vielleicht Rückblick. Sie suchen eine Einheit, „den roten Faden im Leben“, beschreibt Stepanek das „spirituelle“ Dösen.
Wer einem abwesend vorkomme, richte seine Sinne auf ähnliche Situationen, die er schon einmal erlebt habe. Das Alter mit seinen Gebrechen und seiner Hilflosigkeit sei eine Notlage. So suchen die Betroffenen nach einer „bewährten Strategie in der Vergangenheit“. Abwesend Erscheinende „können durchaus in höchster Konzentration sein“.
Wie ist ein Gespräch mit Alzheimer-Kranken möglich, die „alles vergessen“? Elisabeth Stepanek merkt an, dass bei ihnen die emotionalen Fähigkeiten stark ausgeprägt seien. Wenn so ein Mensch die Hand des Besuchers nehme und sage, „ich habe Sie gern“, dann komme das hundertprozentig von Herzen.
Manche alte Menschen wiederholen dauernd die Namen ihrer Angehörigen, um sie nicht zu vergessen. Die Pastoralassistentin rät, der Besucher könne sie auf einen Zettel schreiben und ihnen geben. So müssen sie die Namen „nicht krampfhaft im Kopf halten“.
Ein Alzheimer-Kranker könne „mit Verstorbenen gut Kontakt halten“, schildert Stepa- nek. Wenn einer zum Arzt sage, „Bitte gehen Sie mir aus dem Weg, ich sehe den Verstorbenen nicht mehr“, reagiere der vielleicht: „Stufe Zwei der Alzheimer-Krankheit.“ Doch sie selber sei überzeugt: „Da tut man diesen Menschen Unrecht. Sie nehmen etwas wahr, was wir nicht sehen – vom Glauben her die Gemeinschaft der Lebenden und Toten.“
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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