Mensch/Priester - Pfarrer Hermann Glettler
Pfarrer im Spannungsfeld zwischen den Kulturen
Eine „starke Erfahrung von Welt“ sei es, beschreibt der gebürtige Übelbacher Mag. Hermann Glettler seine Arbeit im Grazer Bezirk Gries. Als Pfarrer in St. Andrä und Karlau erlebe er aber auch Konflikte zwischen den Kulturen: „Besonders Jugendliche der Migrantenfamilien tragen Aggressionen und Minderwertigkeitsgefühle mit sich. Da ist für eine gute Zukunft viel zu investieren!“
Darin liegt nur eine der vielen Aufgaben des Pfarrers im bunten Stadtteil. Zum Glück gebe es viele solidarisch handelnde Menschen. Der streitbare Pfarrer ist dankbar für ein engagiertes Team, das sich mit ihm um eine zeitgemäße Seelsorge bemüht. „Ich bin als Priester nicht der Wunderwuzzi, der alles lösen kann, aber ich bringe Menschen mit ihren unterschiedlichsten Sorgen zu Gott.“ Das ist für den 45-Jährigen das Wesentliche seines Priesterseins. Die tägliche Feier der Eucharistie ist ihm dabei die wichtigste Energiequelle.
Den Vorwurf, dass die Kirche gegenüber den Ausländern zu freundlich sei, lässt der Pfarrer, der seine Kirchen auch für Afrikaner geöffnet hat, nicht gelten: „Ein Zuviel an Freundlichkeit und Zivilcourage kann es nie geben. Kulturen entwickeln sich im lebendigen Austausch und nicht in engherziger Abschottung.“
Deswegen feiert Glettler, der seit 1991 Priester ist, den 26. Oktober als „Inter-Nationalfeiertag“ und auch die Hochfeste des Kirchenjahres mit „internationalen Gottesdiensten“. Dafür hat der Pfarrer, der auch unerwartet provokante Kunst in seine Kirche holt, nicht immer Verständnis geerntet. „Ich glaube, dass Kirche ein Ort sein muss, wo Gastfreundschaft gelebt wird.“
Und: „Im aufregenden Gemenge des Lebens Jesus bezeugen“, so versteht der Pfarrer, der nach Kaplanszeiten in Wagna, Straß und Spielfeld sowie in Judenburg und einem Jahr Auszeit in Paris seit 1999 in Graz ist, den Auftrag jedes Getauften. Er habe da viel von der Gemeinschaft Emmanuel gelernt, der er seit Jahren angehört und die sich um eine lebendige Verkündigung des Evangeliums bemüht. In den vielen Spannungsfeldern unserer Zeit gebe es eine Hoffnung, die wirklich trägt. Diese Hoffnung möchte der Multikulti-Pfarrer Fremden und Einheimischen weitergeben.
Im „Sonntagsblatt_Mikro“ war Hermann Glettler über Internet mit Katrin Leinfellner und Jugendlichen aus Weiz im Gespräch. „Ein Stück Einsamkeit muss jeder Mensch aushalten“, erinnert er. Der zölibatäre Weg sei „nicht immer lustig, aber gut lebbar“. Priestersein heiße „nicht, beziehungslos zu leben“. Er lebe im Austausch mit vielen Menschen. „Wirkliche Liebe“ sei Hingabe, sei „etwas zu tun, wo du voll dabei bist“.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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