Benedikt heute | Teil 06
Mit der Hölle drohen?
Benediktinische Impulse für das Leben heute
Benedikt, der Zuchtmeister mit Rute. Das war ein Bild, das man früher gar nicht so selten gefunden hat. Man hat es verwendet, weil es „nützlich“ schien. Den anderen Benedikt hat man dabei übersehen.
Zu Beginn des Kapitels über die Demut droht der hl. Benedikt unverhohlen mit der Hölle, wenn einer nicht spuren will, und beschwört das Bild des allgegenwärtigen Gottesauges, dass alles sieht, auch was in dunkler Nacht geschieht (siehe Regel-Zitat).Benedikt will seine Mönche im geistlichen Leben vorwärts bringen. Er gibt gleich zu Anfang des Demutkapitels den Tarif durch: Ohne Schweiß kein Preis.
Voll dabei.
Wer es heute im Sport oder im Studium zu etwas bringen will, der muss voll einsteigen, ohne Unterlass trainieren, auf vieles verzichten. Um das Ziel zu erreichen, setzen sich nicht wenige selber ein Strafmaß: Wenn ich die Prüfung im Frühling nicht bestehe und im Herbst nachholen muss, verzichte ich auf die Sommerferien. Oder: Wenn bis Samstag die begonnene Arbeit nicht abgeschlossen ist, gibt es auch kein nächtliches Weekend. Wer sich auf den Lebensweg mit Jesus macht, muss auch voll einsteigen, ist Benedikt überzeugt. Deshalb macht er am Anfang des Demutskapitels richtig Druck und droht sogar mit der Hölle, damit man sich bewusst und entschieden auf den Weg macht. In der Folge zählt er dann zwölf Stufen auf, gleichsam Strategien, um in der Gegenwart Gottes zu leben und in ihr zu bleiben.
Stecken geblieben.
Früher blieb man nicht selten bei dieser „Höllendrohung“ des Anfangs stehen; man hat damit Angst gemacht und Benedikt mit einer Rute abgebildet. Schade, dass man das Kapitel nicht zu Ende las. Denn dort wird die Hölle aufgelöst und die Angst vertrieben: „Sind alle Stufen erstiegen, gelangt der Mönch zu jener Liebe, die die Furcht vertreibt. Alles, was er vorher nur mit Angst beobachtet hat, wird er kraft dieser Liebe zu halten beginnen, mühelos und wie aus Gewohnheit, nicht mehr aus Angst vor der Hölle, sondern aus Liebe zu Christus.“
Grundgrammatik.
Als Lateinlehrer habe ich die Anfänger fast jede Stunde geprüft. Es war die einzige Möglichkeit, ihnen die Wörter und Grammatik einzutrichtern. Die Faulen bestraften sich selber mit einer schlechten Note. Das eigentliche Ziel meiner Bemühungen war aber, dass die Anfänger das lateinische Instrumentarium „ganz mühelos und wie aus Gewohnheit“ beherrschten, um später mit einer gewissen Leichtigkeit, ja mit Vergnügen Ovid oder Vergil zu lesen.
Einem Freund entgegen.
Es geht Benedikt nicht um Hölle oder Strafen, sondern letztlich um eine lebendige, persönliche Liebe zu Christus. In einer solchen gibt es weder Angst noch Hölle, wie es im 1. Johannesbrief heißt, den Benedikt zitiert (1 Joh 4, 18).
Die persönliche Beziehung zu Christus jedoch fällt einem nicht einfach in den Schoß, meint Benedikt. Es braucht dazu Anstrengung, vor allem zu Beginn des Weges, da ja die oft schwierigen Beziehungen zu den Mitmenschen auch in diese Beziehung mit Christus hineingehören. Es überrascht nicht, dass der hl. Benedikt stehend gestorben ist, gestützt von zwei Mitbrüdern, die Hände dem entgegen-gestreckt, den er ein Leben lang gesucht hatte. So stirbt keiner, der sich vor der Hölle fürchtet. So geht man einem Freund entgegen.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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