seelenstark: Theresa von Avila | Teil 02
Man kann sich mit ihm über alles unterhalten
Immer wieder erzählen mir Menschen von ihrer Mühe mit dem Beten. Die einen kennen die Sehnsucht, wissen aber nicht wie. Andere haben schon verschiedene Weisen des Betens ausprobiert, aber keine hat sich im Alltag durchgehalten. Sie suchen immer noch „ihre Art“ des Betens. Wieder andere leiden unter dem Anspruch, beten zu „sollen“ (zum Beispiel weil sie einen kirchlichen Beruf ausüben), spüren jedoch kein Verlangen danach.
Kopf und Herz. Diese Bet-Suche ist keine einfache Sache, und vor allem ist es keine Nebensache. Teresa erzählt anschaulich von ihrer Suche: In ihrem Kloster war es üblich, mit dem Verstand zu beten (das heißt einzelne Sätze und Begriffe zu reflektieren und zu meditieren). Teresa hat das lange Zeit versucht, aber keine Freude daran gefunden. Sie findet aber mit der Zeit eine andere Weise des Betens, die ihr gut tut und gut gefällt. In nur einem Satz beschreibt sie zusammenfassend, was ein langer Weg war: „Da ich mit dem Verstand nicht nachsinnen konnte, befliss ich mich, mir Christus als in mir gegenwärtig vorzustellen.“
Kann das Beten sein? Eine Frau, die ich einige Zeit bei ihrer „Bet-Suche“ begleitet habe, hat viele verschiedene Weisen des Gebets ausprobiert. Oft war sie müde und traurig, weil sie zwar die Sehnsucht spürte, in ihrem alltäglichen Leben aber nichts durchhalten konnte: nicht das regelmäßige Meditieren, auch nicht im Gehen, nicht das Herzensgebet etc. Einmal kommt sie, glücklich, und erzählt, dass sie seit vier Wochen jeden Abend einige Zeit an einem Bild malt, immer am gleichen. Diese Momente des Malens bringen sie in Verbindung mit Gott. – Aber: Kann Malen Beten sein?
So ähnlich waren wohl die Fragen, die an Teresa gerichtet wurden: Ist „inneres Beten“ überhaupt echtes Gebet? Wer kann wissen, ob das nicht einfach eine Tagträumerei, eine Phantasiereise ist?
Hartnäckig. Mit ihrer Vorstellung von Gebet provoziert sie immer wieder Konflikte, aber in dieser Frage ist und bleibt sie hartnäckig. Die meisten Priester ihrer Zeit waren der Meinung, dass Laien Gottesdienste und Andachten besuchen sollten und sich ansonsten beim Beten an die vorgegebenen mündlichen Gebete der Kirche halten sollten, am besten an das „Vater unser“ und das „Gegrüßet seist du, Maria“. Das innere, stille Gebet war der Kirchenleitung suspekt: Die Laien hatten ja keine theologische Bildung. Da war die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie sich mit diesem Beten nicht mehr innerhalb der Gotteslehre der Kirche befanden. So wurde der Begriff „inneres Beten“ zum regelrechten Kampfbegriff in dieser Zeit. Teresa, die Diplomatin, die ansonsten manche Zugeständnisse an die Vorgaben der Leitung machte, blieb in diesem Punkt unerschütterlich: Mündliches Gebet allein ist zu wenig. Beten, das ist wie das Zusammensein mit einem Freund.[/p]
Nie langweilig. Beim freundschaftlichen Zusammensein wird allerhand besprochen (nicht immer das gleiche wiederholt), und es muss auch nicht immer geredet werden. Teresa erzählt von ihren Anfängen in diesem Beten, bei denen sie einfach in Gedanken beim Herrn dabei war im Garten Getsemane. Dies war gewissermaßen ihr Einstieg in das „innere Beten“. So oft sie diese Meditation wiederholte, sie wurde nie langweilig, nie trocken… Immer mehr entdeckte und entwickelte Teresa dieses „innere Beten“. Sie sagte, es sei „nichts anderes als Umgang und vertraute Zwiesprache mit dem Freunde, von dem wir wissen, dass er uns liebt“ (V 8,5). Ein anderes Mal schreibt sie über Jesus: „Man kann mit ihm umgehen wie mit einem Freunde, wie sehr er auch der Herr bleibt… Man kann sich mit ihm einfach über alles unterhalten“ (V 37, 6).
Frei und konsequent. Wenn ich Teresa mit anderen Gebetslehrern vergleiche, dann fällt mir auf, dass sie nicht streng ist und eine große Weite hat. Andere betonen oft, dass man regelmäßige Zeiten durchhalten muss, dass man mit einer bestimmten Art des Betens weitermachen muss, auch wenn man keine Freude daran empfindet. In einer Sache ist jedoch auch Teresa konsequent und hartnäckig: Wir sollen nicht aufhören, die Freundschaft mit Gott/mit Jesus zu pflegen. Und in einer Freundschaft geht es nicht nur um die eigenen Bedürfnisse! Man übernimmt gegenseitig Verantwortung. Wie diese gelebte Freundschaft dann aussieht, kann und soll unterschiedlich sein: sprechen, schweigen, nachdenken, lesen, singen, tanzen, klagen, um Hilfe bitten, zuhören etc.
Manche meinen, diese Milde sei das spezifisch Frauliche in ihrer Spiritualität. Mag sein. Typisch ist auf alle Fälle ihre Überzeugung, der Kraft der Beziehung mehr zu trauen als der Kraft der Regeln.
Anna Findl-Ludescher
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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