Religionslehrer mit Esprit | Teil 01
Leben, was ich verkünde, oder ich bring’s nicht rüber

 

 

Noch immer bin ich vor einer Stunde aufgeregt, ob ich die psychologische Betreuung schaffe.“ Das scheint beinahe unvorstellbar bei dem Erfahrungsschatz, auf den Annemarie Robier zurückblickt: 36 Jahre unterrichtet die gebürtige Südsteirerin Religion. Auf ihrem Schreibtisch schimmert es gold und blau, denn die Lehrerin hat wieder einmal ihre Malsachen ausgepackt und frönt einer ihrer großen Leidenschaften. „Während der Karenz hab’ ich begonnen, Kurse zu machen.“ Zuerst Aquarell, dann Seidenmalerei. Mittlerweile zeigt die Kapelle in Heimschuh neue Farben, beim Retzhof steht eine Bilderwand mit Ikonen.

Die ständige Weiterentwicklung war und bleibt Lebensthema der Bauerntochter aus Oberhaag. Nachdem sie im zweiten Bildungsweg die Ausbildung zur Religionslehrerin gemacht hat, kam die Gesundheitspädagogik dran, die Gestaltpädagogik, eine Mentorenschulung, eine Montessoriausbildung und die zur Integrationslehrerin – natürlich alles mit Abschluss. Nebenbei war sie in den Pfarren tätig, wo sie unterrichtet hat. Zuerst in der Südsteiermark: Leutschach, Oberhaag und Frauenberg. „Wovon ich überzeugt bin, da hab’ ich schon viel Kraft“, sagt sie, und das nimmt man ihr auch ab. Ihre drei Kinder sind faktisch nebenher mitgelaufen.

Ja, die Arbeit mit den Schülern: Wenn man sich auf sie einstellt, nur dann kann es gelingen, den Stoff rüberzubringen. „Ruhe und Geduld strahlen auf sie über.“ Das hat Robier über die Jahre beinhart aus eigenen Fehlern lernen müssen. Denn mit den paar Stunden Praxis, die sie in ihrer eigenen Ausbildung als ganz junge Lehrerin bekam, war es „zwar in der Volksschule kein Problem, aber im Poly wurde man nur gefrozzelt“. Heute weiß sie, dass Kinder Grenzen brauchen, „sie müssen wissen, woran sie sind“.

Mit ihrem Mann, dem Direktor der Handelsschule Grottenhof-Hardt bei Thal, ist sie seit 33 Jahren verheiratet und macht Eheschulung im Schloss Seggau. Schön, wenn mittlerweile junge Paare kommen, deren Eltern schon beim Ehepaar Robier diesen Kurs besucht haben. Sie sagen manchmal: „Ihr wirkt so echt, wir müssen euch alles glauben.“

Die Weiterentwicklung der Annemarie Robier ist natürlich nicht abgeschlossen. Pension bedeutet bei ihr keinen Ruhestand. Da sind die Malerei und ihre Enkel – aber auch eine neue Herausforderung: Sie wird sich einen lang gehegten Wunsch erfüllen, nämlich Religionswissenschaft zu studieren.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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