Ketzer - Unruhestifter des Glaubens | Teil 15
Jon Sobrino und die Kirche der Armen
Jon Sobrino stammt aus einer baskischen Familie. Nach seinem Noviziat im Jesuitenorden wurde er zunächst in den USA philosophisch und zum Bauingenieur ausgebildet und studierte später Theologie in Frankfurt am Main, wo er auch seine Doktorarbeit schrieb.
El Salvador
Seit Beginn seines Ordenslebens hielt sich Jon Sobrino mehrmals in El Salvador auf. Seit 1975 ist er Professor für Systematische Theologie an der Universidad Centroamericana (UCA) in San Salvador. Sein Arbeitsschwerpunkt ist die Christologie, die Lehre von Jesus Christus. Er verfasste für die Befreiungstheologie grundlegende christologische Werke und gab mit seinem Kollegen Ignacio Ellacuría das Standardwerk zur Befreiungstheologie Mysterium Liberationis heraus.
Reales Christsein
„Befreiung“ war für Sobrino zunächst ein „Fremdwort“ gewesen. 1977 kam er mit einem ihm bis dahin unbekannten Christentum in Berührung, als ein Priester und zwei Bauern in Aguilares in El Salvador ermordet worden waren. Jesus, der ihm seit Jahren in seinem Glauben und Denken vertraut war, gab sich ihm in diesem Ereignis auf ungeahnte Weise zu erkennen. Erzbischof Oscar Romero wurde von diesem Tag an zu einem Verteidiger der Armen und Unterdrückten „von Amts wegen“. Sobrino war theologischer Berater des Erzbischofs, der 1980 während einer Messe am Altar ermordet wurde.
Das Massaker an den Jesuiten
Auch die Jesuiten an der UCA erhielten Todesdrohungen. Im November 1989 wurden sechs Jesuitenprofessoren, zusammen mit ihrer Köchin und deren Tochter, wegen ihres Einsatzes gegen strukturelle Ungerechtigkeit von Soldaten der salvadorianischen Armee ermordet. Ellacuría, zu dieser Zeit Rektor der UCA, war einer von ihnen. Ihr Gefährte Jon Sobrino war auf einer Auslandsreise und entging deshalb dem Tod. Seither ist er ein Überlebender.
Die Notifikation gegen Sobrino
2007 wurde in einem Schreiben der römischen Glaubenskongregation, einer notificatio, verurteilt, was Jon Sobrino in zwei Werken über Jesus Christus sagte. Das Schreiben formulierte, Sobrino weise „in einigen Punkten erhebliche Diskrepanzen mit dem Glauben der Kirche“ auf. Das sei „schädlich“ und „gefährlich“ für die Gläubigen. Sobrino sollte die Notifikation unterschreiben. Er begründete in einem Brief an seinen Generaloberen, warum es ihm „charakterlos“ erschiene, das zu tun. In der Deutung der Notifikation hätte er seine Theologie nicht wiedererkannt.
Unermüdlich
Die Empörung der theologischen Fachwelt gegen die Maßregelung Sobrinos verhinderte vermutlich die Verhängung eines Schreib- und Lehrverbots über Sobrino. Der inzwischen 78-jährige Jesuit erhebt seine Stimme weiterhin unermüdlich für die Kirche der Armen.[/p]
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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