Interview mit Paulus | Teil 01
In der Spannung zwischen Gesetz und Freiheit
Wie vom Blitz getroffen. Die Begegnung mit Christus veränderte das Leben des Paulus schlagartig.
Heiliger Paulus, Sie sind als Jude in der Tradition der Pharisäer aufgewachsen und haben die Christen bekämpft. Wie sehen Sie rückblickend dieses dunkle Kapitel in Ihrer Biografie?
Ihr habt doch gehört, wie ich früher als gesetzestreuer Jude gelebt habe, und wisst, wie maßlos ich die Kirche Gottes verfolgte und zu vernichten suchte. In der Treue zum jüdischen Gesetz übertraf ich die meisten Altersgenossen in meinem Volk, und mit dem größten Eifer setzte ich mich für die Überlieferungen meiner Väter ein. (Gal 1,13–14)
Richtig, das ist bekannt. Doch was bewirkte dann diese radikale Lebenswende?
Als aber Gott, der mich schon im Mutterleib auserwählt und durch seine Gnade berufen hat, mir in seiner Güte seinen Sohn offenbarte, damit ich ihn unter den Heiden verkündige, da zog ich keinen Menschen zu Rate. (Gal 1,15–16)
Die Evangelien berichten, dass Jesus nach seiner Auferstehung vielen der Jünger erschienen ist. Wie war das bei Ihnen?
Als letztem von allen erschien er auch mir, dem Unerwarteten, der „Missgeburt“. Denn ich bin der geringste von den Aposteln; ich bin nicht wert, Apostel genannt zu werden. (1 Kor 15,8–9)
Bei aller Bescheidenheit, mehr als allen anderen wird es doch Ihren Verdiensten zugeschrieben, dass sich das Christentum so weit verbreitet hat, oder?
Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin, und sein gnädiges Handeln an mir ist nicht ohne Wirkung geblieben. (1 Kor 15,10)
Sie haben aber auch Ihre eigenen Kräfte oft bis zum Äußersten strapaziert.
Mehr als sie alle habe ich mich abgemüht – nicht ich, sondern die Gnade Gottes zusammen mit mir. (1 Kor 15,10)
Worin besteht für Sie diese Gnade, und wie verhält sie sich zum Gesetz des Alten Bundes?
Jetzt ist unabhängig vom Gesetz die Gerechtigkeit Gottes offenbart worden, bezeugt vom Gesetz und von den Propheten: die Gerechtigkeit Gottes aus dem Glauben an Jesus Christus, offenbart für alle, die glauben. (Röm 3,21–22)
Allein durch das Gesetz können wir also nicht gerettet werden?
Nein, durch das Gesetz des Glaubens. Denn wir sind der Überzeugung, dass der Mensch gerecht wird durch Glauben, unabhängig von Werken des Gesetzes. (Röm 3,27–28) Denn der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig. (2 Kor 3,6)
Wie können wir uns diesem Geist öffnen?
Ich bin durch das Gesetz dem Gesetz gestorben, damit ich für Gott lebe. Ich bin mit Christus gekreuzigt worden; nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir. (Gal 2,19–20)
Macht das nicht unfrei?
Wo der Geist des Herrn wirkt, da ist Freiheit. (2 Kor 3,17) Ihr seid zur Freiheit berufen. Nur nehmt die Freiheit nicht zum Vorwand für das Fleisch, sondern dient einander in Liebe! (Gal 5,13) Wer den anderen liebt, hat das Gesetz erfüllt. (Röm 13,8)
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.