Menschen Wege | Teil 01
Ich mag einfach nirgends einen Saustall hinterlassen
Im Café des Seniorenheims der Caritas in Graz-St. Peter ist der Josef immer gern gesehen. Wenn er mit seinem Tablett leichtfüßig zwischen den gut besetzten Tischen hindurch seine Kreise zieht, wird er von allen, die sich dort etwas Gutes gönnen, begrüßt. „Was darf’s denn sein?“, fragt er freundlich und kommt auch schon mit den Bestellungen wieder. „Heute ist der schönste Tag! Gestern ist vorbei, und Morgen hat noch nicht angefangen.“ Ganz in der Gegenwart zu sein, ist die Lebensmaxime von Josef Kreisler und eines seiner Rezepte: eben bewusstes Da-Sein. Ein anderer Wesenszug des 78-Jährigen, der ursprünglich aus der Südsteiermark stammt, der ihm immer zugute kam, war und ist absolute Genauigkeit. Als Medizinisch-technischer Assistent arbeitete er auf der Blutbank, wo gerade diese Fähigkeit eine besonders große Rolle spielt: „Eine sehr konzentrierte, erfüllte und genaue Arbeit.“ Nicht nur im Beruf, „auch daheim bin ich sehr genau“.
Ja, daheim: „Nächstes Jahr feiere ich meinen 50. Hochzeitstag.“ Das sagt alles. Eine glückliche Ehe wie die seine, beruhe auf gemeinsamen Interessen und darauf, dass jeder nachgibt und man nichts nachträgt.
Präzision ist ebenfalls in seinem größten Hobby gefordert, obwohl das viele Menschen nicht glauben. „Wenn dir ein Bild gelingt, das ist ein Gefühl, das kann niemand nachvollziehen.“ Für die Malerei besitzt Josef Kreisler eine natürliche Begabung von Kindheit an, es wurde aber nie ein Beruf daraus. Einfacher Grund: „Von der Kunst kann man nicht leben.“ Schon gar nicht als verheirateter Mann und Vater von zwei Töchtern. Außerdem läuft seine künstlerische Arbeit stark in Schüben ab. „Manchmal mache ich tage- und wochenlang nichts, da hab’ ich gar keine Idee. Dann kommt die Zeit, und ich muss einfach malen.“ Viele Malreisen hat er unternommen: Italien und Griechenland, aber auch die Berglandschaft auf der Pack haben Motive geliefert.
„Für Golf habe ich keine Zeit.“ Dafür fordert ihn die Arbeit hier viel zu sehr, weil er zusätzlich zu seinem fixen Tag, dem Mittwoch, hier immer wieder einspringt, weshalb er nicht nur bei den Bewohnern, sondern auch bei den Betreuern hier in St. Peter ein gern Gesehener ist. „Kein Problem, ich wohne schließlich in der Nähe.“ Die Tische haben sich gelichtet, jetzt will Josef Kreisler Schluss machen mit dem Reden. Es steht noch einiges auf dem Programm. Erst einmal zusammenräumen. Natürlich genau, wie es seinem Wesen entspricht. „Ich mag keinen Saustall hinterlassen.“ Eine Stunde will er bei dem schönen Wetter heut‘ noch mit dem Radl machen. „Ich hab’ mir vor zwei Jahren ein E-Bike gekauft, und jetzt sind schon 8000 Kilometer drauf.“ Ganz schön flott!
Überhaupt sollte das ganze Gespräch nicht zu privat werden. Er mag es nicht, so in den Vordergrund gestellt, so stark hervorgehoben zu werden. Auch ein Wesenszug eines Mannes, dessen Leben nach eigenen Worten wie ein Roman war, der sehr freundlich und wirklich kommunikativ ist, der aber nicht gern viele Worte um sich macht.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.