Heute von Gott erzählen | Teil 7
Gott einen Ort sichern
In unserer Gesellschaft gibt es eine Tendenz, Glaube und Religion bewusst auszublenden.
Für die einen ist Gott einfach überflüssig, für andere ist der Glaube an ihn ein lästiges Hindernis, wieder für andere eine Ursache für gewalttätigen Extremismus.
Dass Gott und der Glaube an ihn auch für anderes stehen kann und steht – für Hoffnung und Barmherzigkeit, für sozialen Einsatz und Kultur – das wird übersehen oder verschwiegen. Und auch die Wissenschaft arbeitet weitgehend ohne Gott.
Das alles lässt auch Menschen, denen der Glaube an Gott wichtig ist, nicht unberührt. Auf der sachlichen Ebene kann man die Dinge zwar rasch klären: Dass Gott keine wissenschaftliche Hypothese ist, heißt ja nicht, dass es ihn nicht gibt. Und eigentlich gilt es unter nachdenklichen religiösen Menschen wohl als ausgemacht, dass ein „Lückenbüßer-Gott“ nicht wünschenswert ist – also ein Gott, den man dort einsetzt, wo man mit dem eigenen Wissen und Erklären nicht mehr weiterkommt. Trotz solcher Klarstellungen ist es keine einfache Sache, in einer Welt an Gott zu glauben, die auch ohne ihn gut auskommt. Vor allem dann, wenn man keinen rechten Rückhalt findet.
Gott einen Ort sichern – das bleibt aktuell
Es wird zuerst einmal heißen, dass man wissen muss, was mit dem Wort „Gott“ gemeint ist, und dass auch beim heutigen Stand unseres Wissens gute Gründe genannt werden können, an ihn zu glauben. Aber es braucht noch mehr. Es braucht auch das Wissen und die Erfahrung, dass man mit seinem Glauben nicht allein ist. Es ist hilfreich, zu sehen, wie viele ernsthaft nachdenkende Frauen und Männer selbstverständlich an Gott glauben und ihren Glauben praktizieren. Diese Koalition der Glaubenden überschreitet eigentlich viele Grenzen. Nur wird das in einer Gesellschaft, in der Religion zur Privatsache geworden ist, nicht so schnell sichtbar.
Und was sagt das über Gott?
Es erinnert an eine Erfahrung, die den Glauben vieler Menschen prägt: Gott drängt sich nicht auf. Gott ist eine Wirklichkeit, aber eine Wirklichkeit ganz eigener und einzigartiger Art. Gott ist mitten im Leben – jenseitig. Auch wenn der Glaube die Gewissheit schenkt, dass Gott uns nahe ist, so entzieht er sich doch dem Zugriff, mit dem wir über weite Strecken an die Wirklichkeit herangehen. Gott einen Ort sichern heißt zuerst einmal ein Gespür entwickeln für Aspekte der Wirklichkeit, die jenseits des Messbaren und Berechenbaren bedeutungsvoll und tragend sind. Und dann dem verborgen Gegenwärtigen, dem – gemessen an unserer alltäglichen Erfahrung der Wirklichkeit – ganz Anderen Raum geben.
Gott im Spiegel des gelebten Glaubens
In religiös geprägten Gesellschaften hat Gott einen selbstverständlichen Platz. Er wird durch Feste und Gebräuche, heilige Zeiten, Riten und heilige Orte gesichert und bestimmt so das persönliche und auch das gesellschaftliche Leben.
In Gesellschaften, in denen Menschen verschiedener religiöser Überzeugungen und unterschiedlicher Weltanschauungen leben, sieht das anders aus. Hier muss man sich bewusst für eine Überzeugung entscheiden und dafür, ihr im eigenen Leben einen angemessenen Platz zu geben.
Gott einen Ort sichern – diese Aufgabe wird heute vielerorts dringend.
Wer Gott ist, welches Bild von ihm eine religiöse Überzeugung oder ein Leben bestimmt, das kann man nicht nur in Texten erkunden, sondern auch an Aspekten der gelebten Überzeugung ablesen.
Gott suchen bzw. Gott einen Ort sichern spricht nicht nur von der Größe Gottes und seinem Anders-Sein, sondern auch von einer Welt, die für viele über weite Strecken die Wirklichkeit Gottes mehr verdeckt als durchscheinen lässt.
Auch die Tatsache, dass in einer Glaubensgemeinschaft, z. B. in Kirchen, der Glaube an Gott gewissermaßen institutionalisiert wird, verdient Aufmerksamkeit. Ebenso die Frage, wie Gott und Politik zusammenhängen können, sollen – oder eben nicht. Nicht zuletzt soll wenigstens kurz bedacht werden, wie sich der eine Gott und die Vielzahl der Religionen vereinbaren lassen – zumal wenn der eine Gott als ein Gott mit universalem Anspruch geglaubt und gedacht wird. Solche Überlegungen können verdeutlichen, wie sich Gott in der religiösen Praxis spiegelt bzw. spiegeln kann.
BUCHTIPP
Gott ist der Rede wert.
Warum es Sinn macht, über Gott nachzudenken,
echter 2022, 176 Seiten, 17,40 EUR
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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