Gerecht leben - Fleisch fasten. 2013 | Hinführung
Gerecht leben – vom richtigen Maßhalten
Letztlich finden sich in fast allen Religionen besonders ausgewiesene Zeiten des Verzichts, so unterschiedlich auch die jeweiligen Gebote und Verbote sein mögen. Zugleich sind viele dieser Fastentraditionen auch tief in der Volksfrömmigkeit verankert.
Im Judentum beispielsweise hat das „Gesetz“ – die fünf Bücher Mose – ursprünglich nur am großen Versöhnungstag „Jom Kippur“ das Fasten geboten, doch in ihrer langen Geschichte haben die Juden eine Vielzahl von Fastenpraktiken entwickelt. Im Lukasevangelium (Lk 18,12) hören wir von einem Pharisäer, der etwa zweimal wöchentlich fastete. Schon im Alten Testament war dieses Verzichtsopfer eng mit dem Gebet und den Werken der Barmherzigkeit verbunden. Und diese Tradition wurde auch für das Christentum besonders wichtig.
In den so genannten „Geboten der Kirche“ werden die Gläubigen aufgefordert, die gebotenen Fasttage zu halten. Interessant dabei ist eine Art vierfache Begründung: Entsagung und Buße, die Vorbereitung auf liturgische Feste, die „Herrschaft über unsere Triebe“ sowie die „Freiheit des Herzens“.
Auch wenn diese Formulierungen vielen nicht mehr unbedingt zeitgemäß erscheinen mögen, Fasten im christlichen Sinn ist in jedem Fall mehr als eine medizinisch notwendige, zumindest empfohlene Diät oder gar ein vom zeitgeistigen Schönheitsideal ge-botenes Abspecken.
Fasten neu denken
Bis vor zwei Generationen hat christliches Fasten vor allem Fleischverzicht freitags und während der Fastenzeit geheißen. Heute gibt es viele Menschen, die eher bewusst auf Alkohol oder Süßigkeiten verzichten. Sie sehen darin ein „größeres Opfer“, und in der Tat ist in Zeiten ganzjährig voller Lebensmittelregale und des Rückgangs schwerster körperlicher Arbeit für viele der Verzicht auf Fleisch vermeintlich kein Opfer mehr. Doch die Realität ist eine unverändert andere.
Gerade im so genannten reichen Norden hat unser Fleischkonsum ein Ausmaß er-reicht, das die Ressourcen unseres Globus schon lange über Gebühr ausbeutet. So wie wir uns ernähren, hätte nicht einmal die Hälfte der Weltbevölkerung genügend zu essen. Zugleich werden aber auch die heimischen Fleischproduzenten, unsere Bauern, von dieser Marktlogik an den Rand gedrängt. Schlechte Preise treiben sie in die Massenproduktion, die Futtermittel dafür werden zum Teil um den halben Erdball transportiert. Und in diesen Herkunftsländern bricht die heimische Versorgung regelmäßig zusammen.
Auf Anregung von Caritasseelsorger Günther Zgubic, der viele Jahre in Brasilien als Priester vor allem auch in Gefängnissen die Botschaft eines solidarischen Christentums verkündet hat, hat sich eine Gruppe von Menschen und Einrichtungen zusammengefunden, die 2013 die alte Tradition des Fleischfastens neu aufgreifen. Ziel ist es, in der Fastenzeit bewusst zu machen, dass unser Fleischkonsum globale Auswirkungen hat, die wir durchaus beeinflussen können. Ohne Maß-halten geht die Welt zugrunde.
Hans Putzer
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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