Ruf in die Freiheit - Teil 2
Gefangen im Alten: Das muss nicht sein
Das zweite Buch der Bibel trägt den Namen Exodus – Auszug – und reflektiert die Erfahrung eines Volkes, aus Gefangenschaft, Fremdherrschaft, Unterdrückung und Not befreit zu werden.
Der brennende Dornbusch ist ein tiefgehendes Bild: Er brennt und verbrennt doch nicht. Womit ist Mose da konfrontiert? Er hat in einem Streit einen Ägypter erschlagen, deshalb ist er nach Midian geflohen. Inzwischen scheint das Leben normal zu verlaufen. Mose hat eine Frau und ist mit den Herden des Schwiegervaters unterwegs. Doch die Bilder seiner Tat verfolgen ihn wie ein brennender Dornbusch, das Bild vom toten Mann kommt immer wieder hoch. Zugleich erinnert sich Mose seines Volkes: Seine Leute leisten als Sklaven und Mägde in Ägypten Frondienste. Jede männliche Geburt wird getötet. Auch das sind Bilder, die wie ein brennender Dornbusch wirken.
Versöhnung mit einem Mörder
Aus diesem brennenden Dornbusch hört Mose eine Stimme: „Komm nicht näher heran! Leg deine Schuhe ab; denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden“ (Exodus 3,5). Der Ort, auf dem Mose steht, ist seine Lebenssituation, seine Lebensgeschichte. Mose darf erfahren, dass er bei Gott keines-
falls abgeschrieben ist. Die Berufung des Mose ist eine Versöhnungsgeschichte: Gott ruft den Mörder Mose, um mit ihm für das Volk Israel einen Weg in die Freiheit zu bahnen. Den Ort, wo Mose steht, nennt Gott „heiliger Boden“. Jeder Mensch erlebt im Laufe des Lebens Verletzungen, und jeder Mensch wird auch andere verletzen, nicht nur Feinde, sondern gerade auch liebste Menschen. Sich mit der Lebensgeschichte zu versöhnen und sich versöhnen zu lassen, ist der Beginn eines Weges in eine neue Freiheit.
Neuanfang ohne Angst
Gott befiehlt Mose, die Schuhe auszuziehen. Er soll nicht länger zerstörerisch auf seiner Seele herumtrampeln: mit Selbstvorwürfen, mit Vorwürfen gegen andere, mit Hass- und Rachegedanken. Gott fängt mit ihm neu an. Gott lehrt ihn später, mit einem Stab zu agieren und nicht mehr mit einem Schwert (vgl. Exodus 4,1–5). Er ist nicht mehr ein Knecht der Schlange und ihrer Versuchungen, sondern er packt die Schlange am Schwanz und verhindert ihr böses Agieren. Als einer, der die Angst vor dem Bösen ablegt, wird Mose für sein Volk zum Wegbereiter in die Freiheit, ins gelobte Land.
Gott schwebt nicht über den Wolken
Bei seiner Berufung erfährt Mose viel über Gottes Wesen. „Der Herr sprach: Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen, und ihre laute Klage über ihre Antreiber habe ich gehört. Ich kenne sein Leid“ (Exodus 3,7). Elend und Not lassen Gott nicht kalt. Er sagt: „Ich bin herabgestiegen, um das Volk der Hand der Ägypter zu entreißen und aus jenem Land hinaufzuführen in ein schönes, weites Land, in ein Land, in dem Milch und Honig fließen“ (Exodus 3,8a). Elend und Not bewegen Gott dazu, herabzusteigen. Er ist kein Entrückter, kein über den Wolken Schwebender.
Der Weg in die Freiheit gelingt in Gemeinschaft
Gott hat die laute Klage gehört. Er ruft Mose, um eine Befreiungsbewegung anzuführen. Gott trägt ihm auf, dass er zu den Ältesten geht. Diese soll er zum Pharao mitnehmen. Mose weiß um seine Schwäche: Er kann nicht reden. Auch dafür sieht Gott eine Lösung vor. Aaron, sein Bruder, kann für ihn reden. Aaron wird es sogar mit Freude tun. Mose geht einer Freiheitsbewegung voran, manchmal mehr schlecht als recht. Er tut es als Mensch mit all seinen Grenzen. Er stößt auf Widerstände und widrige Umstände. In allem werden Gottes Spuren sichtbar.
Gott ist. Gott ist kein Hirngespinst.
Gott versteckt sich nicht.
Gott geht mit.
Gott ist Du. Gott ist treu.
Gott geht mit Moses
zum Pharao, ins Meer, in die Wüste.
Gott geht mit
ins Getto, ins Gefängnis, in die Folterzelle,
zur Prüfung, zum Traualtar, zum Scheidungsrichter,
ins Altenheim, ins Sterbezimmer!
Gott ist nicht feige,
Gott geht mit!
Martin Gutl, aus: Ich bin bei dir
Ruf in die Freiheit – Bibelkurs 2025
Im Zentrum des mehrteiligen Bibelkurses steht das Buch Exodus.
Themen wie Berufung, Gottesbild, Erinnerungen, die Zehn Gebote sowie Männer- und Frauengestalten werden mit verschiedenen Methoden ins Gespräch gebracht und mit den Erfahrungen unserer Zeit verknüpft.
Für Ihre Pfarre/Ihren Seelsorgeraum können ReferentInnen für diesen Bibelkurs gebucht werden.
Informationen bei Inge Lang, inge.lang@graz-seckau.at
und: www.katholische-kirche-steiermark.at/rufindiefreiheit
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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