Bei uns daheim | Teil 02
Eine Slowenin urlaubt himmlisch im Pfarrhof
Heimat geben die Menschen – nicht der Ort
Ich lebe seit dreizehn Jahren in Graz, und die Steiermark ist mir in dieser Zeit wirklich sehr ans Herz gewachsen.“ Wo gelingende Beziehungen sind, dort ist für Lidija Vindiš-Roesler Heimat. Von diesem Verständnis des Begriffs ausgehend, könnte diese Heimat natürlich auch woanders sein und nicht hier.
Die Slowenin stammt aus Ptuj in der ehemaligen Untersteiermark und ist nach der Matura zum Studieren nach Graz gekommen. Volkskunde und Kulturanthropologie waren ihre Fächer, dazu auch ein bisschen Theologie. Schon bald wurde sie, obwohl der deutschen Sprache mächtig, mit dem Sprachproblem sehr konkret konfrontiert: „Ich wusste in den Vorlesungen nicht, ob ich auf Slowenisch oder auf Deutsch mitschreiben sollte?“ Slowenisch hätte bedeutet, das, was der Vortragende sagte, zuerst einmal übersetzen zu müssen, was das Ganze insgesamt noch komplizierter gemacht hätte. Also versuchte sie bald, Deutsch zu verwenden, und lernte die Sprache dadurch schneller. Den Sommer verbrachte sie zwei Jahre lange als Sennerin auf einer Alm in den Hohen Tauern. „Ich hatte eine Heidi-Vorstellung davon und merkte bald, dass es wirklich eine harte Arbeit ist und auch sehr viel an Management dahintersteckt, wenn man das ordentlich machen will.“
Auf Reisen. Nebenbei begann die heute 32-Jährige schon relativ bald mit Reisebegleitungen nach Slowenien und in die Länder Südosteuropas. Zuerst über die Katholische Männerbewegung, danach auch für andere Reisebüros. Ihre Diplomarbeit schrieb sie über Hexenverfolgungen in der historischen Untersteiermark. Seit drei Jahren arbeitet sie bei „himmlisch urlauben“ der Diözese Graz-Seckau. Ein spannendes Urlaubsfeld in der touristischen Umwidmung einiger Pfarrhöfe.
Heimat sind Menschen. „Ich habe hier in der Steiermark im Lauf der Zeit wirklich sehr viele Freunde und Bekannte gewonnen, die mich stützen und mir das Gefühl vermitteln, aufgenommen zu sein.“ Deshalb war es eigentlich keine Frage, sich mit ihrem Mann Thomas, der aus dem ehemaligen Ostdeutschland in der Nähe von Jena stammt, hier niederzulassen. Auch war bald Tochter Alma, heute sechseinhalb, unterwegs, so dass es nur logisch schien, im mittlerweile vertrauten Umfeld zu bleiben. Hier hatte Lidija Vindiš-Roesler immer Kontakt zur slowenischen Gemeinde in der Pfarre Mariahilf.
Brücken bauen. „Es ist mir wichtig, die Kontakte zwischen Österreich und Slowenien zu stärken und auszubauen, denn wir sollten uns als Nachbarn schon auf gleicher Augenhöhe begegnen.“ Deshalb engagiert sie sich auch beim Verein für Österreichisch-Slowenische Freundschaft. Bei einem Ball des Vereins lernte sie damals auch ihren Mann kennen. „Bei uns“ ist für Lidija Vindiš-Roesler immer noch Slowenien. Aber da die Entfernung so klein ist, spielt das keine besonders große Rolle. „Ich lebe diesseits und jenseits der Grenze und kann schnell einmal hinunterfahren und die Sehnsucht stillen.“
Zum Unterschied zwischen den Ländern: Insgesamt sehe sie schon, dass es in Österreich mehr „Zack-zack“ geht. Heute merkt sie, dass das Interesse der Steirer am südlichen Nachbarland stärker wird. „Ich biete auch Tagesausflüge zum Thema Hexenverfolgung in Slowenien an, und sehr oft gibt es überraschende Reaktionen von Menschen, die sich wundern, dass man eigentlich nicht weit reisen muss, sondern hier gar nicht weit weg so schöne und interessante Dinge kennen lernen kann. Denn das Gute liegt so nah!“
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.