Steirische Missionare | Sr. Rahpaela | Teil 13
Eine Oase im „Haus der Sonne“

Organisationstalent und Herzenswärme stellt Sr. Raphaela seit 13 Jahren bei ihrem Wirken in Brasilien unter Beweis. | Foto: Zerche
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  • Organisationstalent und Herzenswärme stellt Sr. Raphaela seit 13 Jahren bei ihrem Wirken in Brasilien unter Beweis.
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Wenn es um ein klassisches missionarisches Selbstverständnis geht, wehrt Schwester Gabriela Maria Leitzinger sofort ab. „Ich bin ja gar keine Missionsschwester, sondern arbeite ‚nur‘ in der Verwaltung der Franziskaner Schulschwestern in Brasilien.“ Im Rahmen eines Filmprojektes des Welthauses konnte ich Schwester Raphaela, so ihr Ordensname, und die Arbeit der Franziskaner Schulschwestern in Araraquara kennenlernen. Sr. Raphaela hat mir bei den Dreharbeiten eindringlich vor Augen geführt, wie es gelingen kann, trotz großer Herausforderungen gut „Mensch zu sein“.

Sr. Raphaela stammt aus der Pfarre Bad Radkersburg und trat 1991 bei den Grazer Schulschwestern ein. Im Rahmen eines Sabbatjahres ist sie 2006 nach Brasilien ausgereist. Aus dieser „Auszeit“ sind inzwischen 13 sehr intensive Jahre geworden, in denen sie das Charisma der Schwestern lebt: „Mitten unter den Menschen leben im Streben nach ständiger Gottverbundenheit.“

Araraquara, in der Sprache der Ureinwohner „Haus der Sonne“, ist wie viele Städte Brasiliens stark gewachsen – leider auch die Elendsviertel am Stadtrand. 2015 haben sich die Schwestern daher entschlossen, vom Zentrum der Stadt, wo sie eine Schule betreiben, ins Armenviertel São Rafael zu gehen und dort sozial benachteiligten Mädchen und Buben außerschulische Freizeitaktivitäten zu ermöglichen. 2016 wurde das Kinder- und Jugendzentrum „Nossa Senhora das Mercês“ errichtet. Sr. Raphaela: „Die Kinder in diesem Viertel sind mit Gewalt in der Familie – auch sexuellem Missbrauch – und mit Drogen konfrontiert.“ In dem Zentrum wird neben kreativen Tätigkeiten wie Musik und Tanz, Selbstverteidigungskursen und warmen Mahlzeiten auch psychologische Betreuung angeboten, um den Kindern zu helfen, Gewalterfahrungen zu verarbeiten und eine stabile Persönlichkeit zu entwickeln. Besonders beeindruckt hat mich der Besuch eines Tanzworkshops: Disziplin und Körpererfahrung fördern das Selbstbewusstsein und bilden einen Ausgleich zu den schwierigen Verhältnissen.

Stolz ist Sr. Raphaela außerdem auf den Kinderspielplatz, der mit Unterstützung von Missio Steiermark finanziert werden konnte: eine Oase inmitten einer verrohten Welt, in der die Kinder Ruhe und Sicherheit erfahren und im Spiel einfach Kinder sein dürfen. Das Zentrum wird von Mitschwester Aparecida geleitet – aber ohne die wichtige administrative Arbeit und das Organisationstalent von Sr. Raphaela gäbe es das Projekt nicht. Bürgermeister Edinho da Silva, ehemals Minister für Soziale Kommunikation, besucht das Kinderschutzzentrum jede Woche und ist wie der Bischof von São Carlos sichtlich stolz auf die Initiative der Schwestern und die Arbeit des ganzen Teams im Armenviertel.

Ihre Besuche bei den Kindern im Zentrum verbindet Sr. Raphaela stets mit einem Besuch bei Familien in dem Viertel, das zufällig ihren Namen trägt. „Damit führe ich ein Werk von Sr. Anita Posch († 2012) und Sr. Isabel Schirnhofer († 2008), zwei ebenfalls steirischen Mitschwestern, weiter.“ Sie bringt Lebensmittelpakete und Medikamente, manchmal begleicht sie Stromrechnungen oder hat einfach ein offenes Ohr für alleinstehende Frauen, denen das Wasser bis zum Hals steht. Dabei schenkt sie eine Erfahrung weiter, die sie selbst erlebt hat: „Ich hatte nie das Gefühl, eine Fremde hier zu sein.“ Für die Offenheit, Herzlichkeit und Begeisterung, die sie auch in der Kirche Brasiliens erlebt, ist sie sehr dankbar. Das ist auch in der Schwesternkapelle spürbar, wo jeden Tag viele junge Menschen zur Messe kommen. Und es kann durchaus vorkommen, dass am Abend vor dem Fernseher die Schwestern mit den brasilianischen Fußballteams um den Erfolg mitfiebern. Es lässt sich eben gut „Mensch sein“ bei den Franziskaner Schulschwestern in Brasilien.

 

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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