SONNTAG. Der Tag zum Leben | Teil 26
Ein Tag für alle
Der Sonntag als Tag der Arbeitsruhe und der Besinnung ist gerade in einer Zeit des gesellschaftlichen Wandels für die humane Qualität menschlichen Lebens und Zusammenlebens unentbehrlich. Deshalb setzen die Kirchen sich für den Schutz des Sonntags und die Pflege der Sonntagskultur ein. Es ist wichtig, dass die lebensdienliche Bedeutung und die künftige Gestaltung des Sonntags in allen Bereichen der Gesellschaft neu diskutiert werden.
Zu den Aufgaben der gesetzgebenden Organe gehört es, den Schutz des Sonntags im Sinne der Verfassung entschieden zu sichern. Die Ladenöffnungszeiten sind so zu gestalten, dass der Schutz des Sonntags durch das Grundgesetz gewährleistet bleibt.
Wir rufen die politisch Verantwortlichen auf, einer weiteren Ausweitung der Sonntagsarbeit und einer schleichenden Aushöhlung des Sonntagsschutzes Einhalt zu gebieten. Die Ausnahmen vom Verbot der Sonntagsarbeit müssen sich auf das beschränken, was an Diensten und Angeboten im Interesse des Allgemeinwohls, zugunsten hilfsbedürftiger Menschen und im Blick auf eine sinnvolle Gestaltung der freien Zeit wirklich nötig ist.
Zu den notwendigen Ausnahmen vom Verbot der Sonntagsarbeit zählen nicht diejenigen Dienstleistungen, die aufschiebbar sind und damit auch an Werktagen erbracht werden können. In Kommunen und Städten muss dem Vordringen kommerzieller Veranstaltungen und Verkaufsschauen Grenzen gesetzt werden. Der Weg in die Dienstleistungsgesellschaft mit seinen Folgen für die Sonntagsarbeit muss verantwortlich gestaltet werden.
Die Wirtschaft trägt im Blick auf die Erhaltung des Sonntags eine große Verantwortung. Ein Teil der Wirtschaft erkennt diese Verantwortung an und leistet den notwendigen Beitrag zum Schutz des Sonntags. Ein anderer Teil will die Sonntagsarbeit insbesondere im Handel und in den Dienstleistungen ermöglichen und beruft sich dafür auf die veränderten Sonntagsgewohnheiten in der Bevölkerung. Wer das fordert, sollte die Folgen für die Arbeitenden und ihre Familien bedenken. Aber ebenso müssen die Auswirkungen auf kleinere Unternehmen im Blick sein, die bei einer solchen Entwicklung nicht mithalten können. Die regelmäßige Unterbrechung der Arbeitswoche darf nicht einfach als wirtschaftlicher Nachteil gesehen werden. Wenn den Erwerbstätigen eine zeitlich uneingeschränkte Flexibilität abverlangt wird, dann geraten Gesundheit, persönliche Stabilität und Sicherheit in Gefahr; am Ende wird dadurch gerade die Leistungsfähigkeit untergraben, auf welche die Wirtschaft angewiesen ist. Die Verantwortung der Wirtschaft darf sich nicht auf ein kurzfristiges betriebswirtschaftliches Kalkül beschränken.
Wir laden die Partner in anderen gesellschaftlichen Bereichen ein, sich am konstruktiven Gespräch über den Sonntag und seine Bedeutung für die Menschen zu beteiligen. Es ist eine gemeinsame Aufgabe in der Zivilgesellschaft, den grundsätzlichen Konsens über den Schutz des Sonntags zu wahren. Auch beim Eintreten für den Sonntag ist der Kirche das Zusammenwirken mit anderen gesellschaftlichen Kräften wichtig. Es geht nicht nur um den Schutz, sondern auch um die Gestaltung eines besonderen Tages für den Menschen, für die Familie, für die Gemeinschaft und für Gott.
Der Sonntag ist für alle Menschen – gleich welcher religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung – ein Angebot zur Besinnung und zum Innehalten. Er bietet einen Raum, sich die wichtigen und entscheidenden Fragen bewusst zu machen: Wer bin ich? Wohin gehe ich? Aus welcher Quelle lebe ich? Wofür lohnt es sich zu leben? Er bietet ebenso Raum für herausgehobene, festlich gestaltete Begegnungen mit anderen. Durch ihr eigenes Tun und Lassen entscheiden die Menschen darüber, welchen Wert und welche Qualität der Sonntag für sie hat.
Wir bitten die Christen, öffentlich für den Wert des Sonntags einzutreten und durch ihr Verhalten die Bedeutung von gewährter Zeit, von gemeinsamer Freizeit, von Besinnung und Ruhe bewusst zu machen. Kirchen und Christen stehen vor der Aufgabe, den christlichen und humanen Sinn des Sonntags verständlich zu machen und ihm neue Anziehungskraft zu verleihen. Sie können sich nicht damit begnügen, den Schutz des Sonntags politisch zu fordern; entscheidend ist, wie sie selbst mit ihm umgehen. Für Christen gehört zu den Begegnungen, die der Sonntag ermöglicht, auch die Versammlung vor Gott. Damit weist der Sonntag über sich hinaus. Er zeigt, dass alle Zeit in der Hand Gottes liegt. Menschen dürfen nicht unbegrenzt durch die von ihnen selbst geschaffenen Zwänge beansprucht werden. Die Bewahrung und zukunftsorientierte Gestaltung des Sonntags ist möglich, wenn sich die Christen gemeinsam mit anderen mutig zu ihm bekennen, ihn als eine bereichernde Gabe Gottes annehmen und mit ihm für ein menschlicheres Gemeinwesen eintreten. Der Sonntag muss von jeder Generation lebendig gehalten und erneuert werden.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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