Anfänge. Eine Serie mit Chris Lohner | Teil 04
Da war eine Kraft mit uns

Unser tägliches Brot, gebacken von Johanna Lasinger. Sie und ihr Mann Johann erwirtschaften auf ihrem Bauernhof die Lebensmittel für den täglichen Bedarf.  | Foto: Josef Hinterleitner
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  • Unser tägliches Brot, gebacken von Johanna Lasinger. Sie und ihr Mann Johann erwirtschaften auf ihrem Bauernhof die Lebensmittel für den täglichen Bedarf.
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In der Nacht ist der Sturm über das Mühlviertel gefegt. Nun liegt der Nebel rund um den Bauernhof in Allerheiligen. Johanna und Johann Lasinger bewirtschaften den Hof mit Getreidefeldern und Wiesen, Obstbäumen und Gemüsegarten, mit Kühen, Schweinen und Hühnern. Als Selbstversorger, soweit es möglich ist.

Die Liebe zu den heimischen Produkten. „Den Menschen zu zeigen, was man alles aus der Natur machen kann, das liegt mir am Herzen“, sagt Johanna Lasinger bei einem Besuch an diesem nebeligen Vormittag. 19 Jahre lang war sie Ortsbäuerin. Mit der Ortsbauernschaft hat sie Erntedankfeste ausgerichtet, Palmbuschen gebunden, mit Kindern Brot gebacken oder bäuerliche Buffets zubereitet. Und interessierten Frauen und Männern die heimischen Produkte und Rezepte nähergebracht. Im Frühling hat sie die Funktion zurückgelegt. Ruhe ist im Leben der engagierten Bäuerin trotzdem nicht eingekehrt. Dafür hat Johanna Lasinger zu viel Freude daran, auszuhelfen, mitzuarbeiten und mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Bald danach sind die Frauen der Katholischen Frauen­bewegung (KFB) auf sie zugekommen. Mehr als einmal haben sie nachgefragt, ob Johanna Lasinger nicht Dekanatsleiterin im Bezirk Perg werden wolle. So lange, bis sie schließlich doch zugesagt hat.

Ein Anfang und ein neuer Horizont.
„Zuerst ist es mir nicht gutgegangen“, sagt Johanna Lasinger, wenn sie sich an diesen Neuanfang erinnert. „Ich dachte, wie soll ich das schaffen, ich habe ja kaum jemanden im Dekanat gekannt!“ Doch das hat sich geändert. Vier weitere Frauen arbeiten im Team, und sie verstehen sich gut. Sie richten Veranstaltungen mit Referentinnen aus oder koordinieren die „Frauenmosaik“-Runden, bei denen sich junge Frauen über ihre unterschiedlichen ­Lebenssituationen austauschen können. Die ehrenamtliche Arbeit hat auch neue Horizonte eröffnet. Johanna Lasinger lernt Menschen kennen, neue Ideen und die Art und Weise, wie sie in anderen Gemeinden umgesetzt werden. Und noch etwas, das tiefer geht. „Es ist etwas für die Seele“, sagt Johanna Lasinger mit einem Lächeln. Sie hat die Bibel und das Pilgern neu für sich entdeckt.

Eine Reise nach Siena. Sie erzählt vom Wandern von einer Kapelle zur nächsten und den meditativen Texten, die die Pilgerbegleiterinnen vorlesen. Das Gehen regt zu Gesprächen an. Über Schicksalsschläge oder lustige Begebenheiten oder was im eigenen Gemüsegarten so wächst. „Und das Schönste ist, wenn alle ihre mitgebrachte Jause ausbreiten, Karotten oder Äpfel oder ein selbst gemachtes Knäckebrot, und jeder sich nehmen darf, was er möchte“, sagt Johanna Lasinger. Sie hat Freude daran, wenn regionale Produkte wertgeschätzt werden. Und wenn beim Pilgern der Alltag in den Hintergrund tritt.

Das hat Johanna Lasinger auch bei ihrer Reise mit der Katholischen Frauenbewegung nach Siena vor einem Jahr erlebt. Sie hatte Bedenken, ob bei einer so großen Gruppe von 250 Mitreisenden nicht das besondere Gefühl verloren geht. Doch die Andacht vor dem Geburtshaus der heiligen Katharina, Patronin der Katholischen Frauenbewegung, hat sie spirituell erfüllt. Ebenso wie das Lied, das sie auf dem Campo, dem großen Platz in Siena, gesungen haben. „Da war eine Kraft mit uns“, sagt Johanna Lasinger. Eine Kraft spürt sie auch bei der heiligen Katharina. „Sie hat so viel in der Kirche bewegt zu einer Zeit, als Frauen nichts gegolten haben.“

„Jesus hat auch seine Frauen gehabt.“ Eigentlich war in der Kirche San Domenico in Siena eine Morgenandacht geplant gewesen. Der Abt zog seine Erlaubnis aber kurzfristig zurück. Die Frauen der KFB-Reisegruppe waren nicht willkommen. Kein Vergleich zu Österreich. Im Pfarrleben von Allerheiligen sind Frauen sehr aktiv, gestalten regelmäßig den Gottesdienst. Das findet Johanna Lasinger gut. „Jesus hat auch seine Frauen gehabt“, betont sie und erzählt von den Bibelrunden, die sie gerne besucht. „Seit unsere Kinder erwachsen sind, habe ich mehr Zeit, um in der Bibel zu lesen“, sagt die siebenfache Mutter. „Es fasziniert mich, dass es Menschen gibt, die die Bibel auslegen können.“

Bei den ­Bibelseminaren waren auch junge Leute. Erfreulich für Johanna Lasinger, denn sie macht sich Gedanken darüber, wie die Kirche für junge Menschen interessant sein kann. Vor allem die zugezogenen Familien in Allerheiligen möchte sie für die Kirche gewinnen. „Sie kommen alle zu den Gottesdiensten, bei denen Kindergarten und Volksschule beteiligt sind. Sonst aber gibt es kaum Gelegenheit, sich kennenzulernen“, sagt Johanna Lasinger und hat bereits eine Idee. Familienwallfahrten kommen nicht mehr so gut an, aber sie möchte die Familien zu einem samstäglichen Pilgern einladen, vielleicht mit einem gemeinsamen Grillen zum Abschluss.

Brauchtum und Naturheilkunde. Im Alten das Neue entdecken ist ein Gedanke, der Johanna Lasinger bewegt. „Es ist schade, dass alteingesessene Vereine weniger Zulauf haben und immer neue gegründet werden“, sagt sie. „Ich finde es besser, bestehende zu erhalten, wenn auch mit neuen Schwerpunkten.“ Die Aktivitäten der Vereine fließen ohnehin ineinander und halten das Gemeindeleben ­lebendig. Wie die Pflege des Brauchtums oder das alte Wissen um die Naturheilkunde, ein weiteres Steckenpferd von Johanna Lasinger.

Sie und ihr Mann Johann – er war lange im Pfarrgemeinderat – sind Mitglied beim Naturpark Rechberg. Der Verein vermittelt Althergebrachtes rund um die Heilkräfte der Natur. Miteinander reden, das prägt Johanna Lasingers Tun in allen Bereichen: „Damit das Wissen unter die Leute kommt.“

Christine Grüll

Unser tägliches Brot, gebacken von Johanna Lasinger. Sie und ihr Mann Johann erwirtschaften auf ihrem Bauernhof die Lebensmittel für den täglichen Bedarf.  | Foto: Josef Hinterleitner
Tanzen in Siena: Johanna Lasinger fuhr mit der Katholischen Frauenbewegung in die  Toskana.  | Foto: KFB
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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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