Gerecht leben - Fleisch fasten. 2013 | Teil 02
Alles für alle geht nicht! Gut: Weniger vom Besseren!
Vor einigen Jahren hat die Universität für Bodenkultur in Wien mit einer interessanten Berechnung aufhorchen lassen: Was würde es für die globale Lebensmittelproduktion bedeuten, wenn jeder Einwohner Chinas und Indiens, aktuell mehr als 2,6 Milliarden Menschen, täglich einen „Hamburger“ oder eben die äquivalente Fleischmenge konsumieren will? Diese Rechnung ist nicht besonders schwierig: Für das Fleisch benötigt man Tiere, für diese Futter, dafür wiederum Futtermittel und letztlich Flächen zum Anbau des Futters. So weit, so wenig aufregend. Nur das Ergebnis hätte ein weltweites Schrillen der Alarmglocken auslösen müssen: Unser Globus verfügt nämlich gar nicht über genügend solcher so genannter bioproduktiver Flächen, um die angesprochenen 2,6 Milliarden Menschen mit Fleisch zu ernähren.
Ergänzend sei hinzugefügt: Wir im „reichen Norden“ konsumieren heute bereits durchschnittlich mehr Fleisch als im konkreten Rechenbeispiel.
Somit stehen wir vor einer der größten ökologischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts: Während immer mehr Schwellenländer auf ihr vermeintliches Recht pochen, ihre Konsumgewohnheiten denen der reichen Regionen anzupassen, geht hierzulande die ungezügelte Gier nach möglichst billigem Fleisch weiter. Die Opfer dieser Strategie sind schnell ausgemacht: die Bevölkerung der global armen Regionen, das Ökosystem Erde, vor allem aber auch die heimische Landwirtschaft, die – ökonomisch mit dem Rücken an der Wand stehend – fast immer ungewollt Teil dieses Systems geworden ist.
Obwohl Fleisch global absehbar zu einem begehrten, weil nicht ausreichend verfügbaren Lebensmittel zu werden droht (?), ist von einer Trendumkehr im Sinne von „Weniger vom Besseren“ nichts zu erkennen. Gerade das ist aber eines der zentralen Motive der Aktion „Gerecht leben – Fleisch fasten“.
Dabei ist die österreichische Wirklichkeit vergleichsweise gut. Zwar importieren auch wir enorme Mengen von Futtermitteln, doch die Größenordnungen sind beispielsweise im Vergleich zu den USA letztlich gering. Dort führt der Maisimport aus Mexiko regelmäßig zu Hungerkrawallen: „Unser Brot landet in den Mägen amerikanischer Rinder“ oder wie zuletzt „in den Tanks amerikanischer Autos“, sind die meist überhörten Botschaften vieler mexikanischer Demonstrationen.
Und Länder wie China oder reiche arabische Ölstaaten verfolgen im Gegensatz zu den neokolonialen Strategien der EU und der USA ein nicht weniger verwerfliches Konzept: Hier boomt das so genannte „Land grabbing“. Man pachtet oder kauft ganz einfach in den ärmsten Regionen Anbauflächen in riesigem Ausmaß, um den eigenen rasch steigenden Fleischbedarf zu stillen. Auf der Strecke bleibt die ohnehin schon verarmte, um ihr Land gebrachte Bevölkerung.
Hans Putzer
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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