Ketzer - Unruhestifter des Glaubens | Teil 13
Alfred Loisy – ein Erzketzer des Modernismus
Seine Rechtfertigung der katholischen Kirche trug ihm selbst die Exkommunikation ein.
Der schmächtige und begabte Bauernsohn Alfred Loisy stammte aus der Haute-Marne in Frankreich. Schon während seines Studiums befriedigte ihn die zu seiner Zeit übliche neuscholastische Theologie nicht, und er lernte Hebräisch. Er studierte am neugegründeten Institut Catholique in Paris und wurde dort Professor für Bibelwissenschaften. Außerdem studierte er Assyrologie und Ägyptologie
Verdächtige Bibelauslegung
Die Index-Kongregation in Rom, die den Index der verbotenen Bücher erstellte, nahm Loisy ins Visier, als 1892 seine Hiob-Übersetzung mit Einleitung erschienen war. Die Gutachter befanden, dass er zu jenen Bibel-auslegern in Deutschland, Frankreich und England zählte, die ihrer Ansicht nach einen „Krieg“ gegen die Heilige Schrift führten und die Autorität von Schrift und Lehramt untergruben.
Christliche Lehren mit Geschichte
1894 musste Loisy seine Professur aufgeben und wurde Hausgeistlicher in einem dominikanischen Mädchenpensionat in Neuilly-sur-Seine. Als Religionslehrer stellte sich ihm dort die Frage nach Aktualisierung und lebenspraktischer Relevanz der christlichen Lehren neu.
Evangelium und Kirche
Loisys berühmtestes Werk erschien 1902. Mit Evangelium und Kirche verteidigte er die „notwendige Institution“ der katholischen Kirche und zeigte die Notwendigkeit der Entwicklung der christlichen Lehre im Lauf der Geschichte auf. Damit löste er heftige Diskussionen aus.
Die Verurteilung Loisys
1903 wurde Pius X. Papst. Vor Weihnachten wurden fünf Werke Loisys auf den Index der verbotenen Bücher gesetzt. Aussagen von Loisy wurden 1907 im Dekret Lamentabili verurteilt. Außerdem erschien 1907 die Enzyklika des Papstes, mit der er gegen den von ihm so genannten „Modernismus“ vorging. Loisy wurde im März 1908 exkommuniziert. Der Ausgeschlossene ging später nicht einmal mehr zu Begräbnissen naher Verwandter, um einen Skandal zu vermeiden.
Die Professur für Religionsgeschichte
Loisy übernahm 1909 einen Lehrstuhl für Religionsgeschichte am renommierten Collège de France. Er befasste sich weiter mit den altorientalischen Religionen, dem Judentum und dem frühen Christentum. 1915 beklagte er das Versagen der Kirchen im Krieg, 1937 schrieb er über die humanitären Herausforderungen durch den Nationalsozialismus.
Ein Gelehrtenleben
Loisy war zeit seines Lebens ein asketischer Gelehrter. Nach seiner Emeritierung zog er in seine ländliche Heimat zurück, züchtete Hühner und verfasste weitere Werke, die allesamt auf den Index der verbotenen Bücher gesetzt wurden. 1940 starb er während der deutschen Invasion in Frankreich – der dritten, die er erlebte.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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