APROPOS Jesus | 60 Fragen - 60 Antworten
16. Warum redet Jesus so oft vom „Reich“ Gottes?

Das Wort „Reich“ klingt heute altmodisch. Wo wir in den deutschen Bibelübersetzungen „Reich“ lesen, steht im griechischen Urtext basileía. Und dieses Wort hören wir in den Evangelien über 90-mal aus dem Mund Jesu, wenn er von Gott spricht. Zur Zeit Jesu ist basileía ein modernes, gut verständliches Wort. Es leitet sich von basileús, dem griechischen Wort für König ab. Und ein König ist damals jemand, der das Sagen hat, der regiert und seinen Willen durchsetzen kann. Basileía (hebräisch malkut, aramäisch malkuta) steht für dynamisches und kraftvolles Handeln, es bedeutet Herrschaft und Reich.

Dieses Wort nimmt nun Jesus und sagt: Auch Gott will seine basileía – sein Reich – durchsetzen. Aber dieses Reich ist kein Reich nach Art der irdischen Herrscher und Tyrannen! Es ist ein Reich nach der Art des „Himmels“ (darum wird es im Matthäusevangelium auch „Himmelreich“ genannt), also ein Reich nach Gottes Art. Und wie „regiert“ Gott? – Indem er um die Herzen der Menschen wirbt, sie aus ihrer Gleichgültigkeit, Erstarrung oder Verlorenheit lockt und gleichsam bittet, ihm zu vertrauen.

Das Markusevangelium fasst die Botschaft Jesu so zusammen: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ (Mk 1,15) Das heißt: Jetzt ist es so weit. Gott will sein Reich der Gerechtigkeit, der Barmherzigkeit und des Friedens aufrichten – für euch, unter euch und mit euch. Bitte, wendet ihm euer Herz zu! Vertraut dem Evangelium (griechisch-lateinisches Wort für eine gute, erfreuliche Nachricht)! Es gibt so viele schlechte Nachrichten, aber ich habe eine gute für euch, eine frohe Botschaft: Gerechtigkeit und Liebe sind möglich. Die Welt und euer Leben sind letztlich in guten Händen. Vielleicht erscheint euch Gottes Reich noch winzig klein wie ein Senfkorn (vgl. Mk 4,30–32), aber habt Mut, es wird wachsen. Es wird sich gegen alle Hindernisse durchsetzen! – So lädt Jesus mit vielen Bildern und Gleichnissen ein, sich dem Wirken Gottes zu öffnen, am besten mit der freudigen Neugier und dem Vertrauen eines Kindes (vgl. Mt 18,1–5).

Dieses Reich Gottes – so verkündet Jesus – ist einerseits schon da und mit allen Sinnen spürbar, wenn er mit Gottes Kraft seelisch Zerrüttete von ihren Qualen befreit (vgl. Lk 11,20), Kranke heilt, Verachtete und Vergessene in die Mitte holt und schuldig Gewordenen eine neue Chance gibt. Es ist nahe, wenn Menschen das Hauptgebot der Liebe anerkennen und verwirklichen (vgl. Mk 12,28–34). Andererseits fehlt auch noch vieles zur Vollendung des Reiches. Deshalb ermutigt Jesus zum Gebet: „Unser Vater im Himmel […], dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf der Erde.“ (Mt 6,9f.; Lk 11,2) Denn noch „herrschen“ auch Gewalt, Ungerechtigkeit, menschliches Versagen, Angst, Leid und Tod auf Erden. Aber diese „Herrschaften“ sollen nicht das letzte Wort haben, sondern Gottes kraftvolle und zärtliche Liebe! Gott kann und wird alles zum Guten wenden. Sogar den Tod.

Für diese Hoffnung wider alle Hoffnung lebt Jesus. Dafür geht er sogar ans Kreuz. Und sein Tod – das wird später erkennbar – ist keine Niederlage, sondern wieder Keim für neues Heil. Das Johannesevangelium fasst das in dem Christuswort zusammen: „Wenn das Weizenkorn […] stirbt, bringt es reiche Frucht.“ (12,24) Und: „Amen, amen, ich sage euch: Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen und er wird noch größere als diese vollbringen …“ (14,12) Kurz: Gottes Reich gedeiht und ist nicht umzubringen. Am Ende wird sich das Gute trotz mancher Rückschläge durchsetzen!

Karl Veitschegger

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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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