Sonntagsblatt+plus | KONTRAPUNKTE
Was ist Thema im Gottesdienst?

Zum Valentinstag, CSD oder Tag des Lebens gibt es eigene Gottesdienste – sogenannte Themen- oder Zielgruppen-Gottesdienste. Was es dazu zu bedenken gibt, haben Elisabeth Fritzl und Bruno Almer vom Podcast-Team des Liturgischen Quartetts für uns aufgeschrieben.

Von Amen bis Zingulum
Viele Gegenstände, Handlungen oder Gebetsformen im Gottesdienst erschließen sich nicht auf den ersten Blick. Vier TheologInnen aus Graz, Bruno Almer, Elisabeth Fritzl, Saskia Löser und Peter Ebenbauer, beantworten im Podcast „Liturgisches Quartett“ Fragen zur Liturgie. Anhören können Sie ihn u. a. auf www.katholische-kirche-steiermark.at/podcasts oder überall, wo es Podcasts gibt! Für das Sonntagsblatt beleuchten Elisabeth Fritzl und Bruno Almer vom Liturgischen Quartett ein in liturgischen Kreisen heiß diskutiertes Thema: Vor- und Nachteile von sogenannten „Themen- oder Zielgruppen-Gottesdiensten“.

»Lebenswirklichkeiten im Gottesdienst zum Thema machen.«

Elisabeth Fritzl

ist Pastoralreferentin in Graz und Teil vom Podcast-Team des Liturgischen Quartetts.

Von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“, „Weihnachten ohne dich – aber mit euch“, „Pray with us, together and proud“, „Deine Nächsten?“, „getragen.genährt.geschützt“, „Zuversicht Leben“. Dies waren Leitworte für Gottesdienste, die eine bestimmte Menschengruppe oder ein Anliegen in den Fokus nahmen. Der ökumenische Gottesdienst für Liebende, die ökumenische Segensfeier mit Trauernden vor Weihnachten, der ökumenische Gottesdienst zum Christopher Street Day, der Sonntag der Völker, ein Ritual anlässlich des Tages der Mutter Erde, der Gottesdienst zum Tag des Lebens. Das sind einige Beispiele, wo Menschen verschiedener Kirchen ein Stück Lebenswirklichkeit wahrnehmen und im Gottesdienst zum Thema machen.

Viele Lebenslagen teilen
Meist geschieht die Vorbereitung in Teams, im Idealfall mit jemandem aus der Zielgruppe selbst. In der Gestaltung gibt es je nach Form zahlreiche Möglichkeiten, das Anliegen zu thematisieren, ins Wort zu bringen oder durch eine rituelle Handlung zu vertiefen. In solchen Feiern wird ein Raum für Gottesbegegnung eröffnet, für gegenseitige Stärkung, und es wird sichtbar, dass ich nicht allein bin – als (gleichgeschlechtlich) liebender, als trauernder Mensch, mit Migrationshintergrund etc. Mit solchen Gottesdiensten, die nicht in Konkurrenz zum Gemeindegottesdienst stehen, wollen wir in möglichst vielen Lebenslagen Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute mit ihnen teilen. Wann immer wir das nicht nur im Alltag, sondern auch im Gottesdienst tun, drücken wir unser Vertrauen auf die verwandelnde und liebende Kraft Gottes aus, die sich uns immer wieder neu schenkt.

»Jeder Gottesdienst hat schon ein Thema: Tod und Auferstehung Jesu.«

Bruno Almer

ist Liturgie-Referent der Diözese Graz-Seckau und Teil vom Podcast-Team des Liturgischen Quartetts.

Es gibt viele „besondere Gottesdienste“, die ein bestimmtes Thema in den Mittelpunkt stellen oder eine spezifische Zielgruppe im Blick haben. Auch Themensonntage wie „Sonntag des Wortes Gottes“, „Sonntag der Armen“ u. a. m. gehören da dazu.
Meiner Meinung nach sind Themen- oder Zielgruppengottesdienste eine wertvolle Ergänzung zu den traditionellen Sonntagsgottesdiensten, beispielsweise. Trotzdem seien hier einige Contra-Argumente erwähnt:

  1. Ein Argument ist, dass solche Themen-gottesdienste die Gefahr in sich tragen, dass mehr über das Thema gesprochen wird und weniger von der eigentlichen Botschaft des Glaubens. Manchen Themen wird auch unterstellt, dass sie mit der kirchlichen Lehre und ihren Werten unvereinbar seien.
  2. Ein zweites Argument ist, dass solche Gottesdienste ein Thema in den Mittelpunkt stellen, obwohl jeder Gottesdienst, vor allem am Sonntag, eigentlich schon ein eigenes Thema hat: nämlich den Tod und die Auferstehung Jesu. Angesichts eines Themas kann dieser genuine Feierinhalt in den Hintergrund geraten.
  3. Ein drittes Argument verweist darauf, dass manche Themengottesdienste zur Fragmentierung der Gemeinschaft führen können. Indem sich diese Gottesdienste auf bestimmte Themen oder Zielgruppen fokussieren, wird dem Gottesdienst das Potenzial genommen, Menschen aus verschiedenen sozialen Gruppen und mit unterschiedlichen Welt- und Glaubenszugängen zusammenzubringen. Dadurch würden solche Gottesdienste die Einheit nicht betonen.
Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ