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Wandern ist ...

... des Müllers Lust!

Manchen eine Leidenschaft, anderen ein Graus: das Wandern. Gerade wenn der Sommer die Temperaturen im Flachland steigen lässt, suchen viele Abkühlung auf Bergen. Auch Fußwallfahrten erfreuen sich großer Beliebtheit – z. B. das „Mariazell-Gehen“. Jeder, der schon einmal einen Berg erklommen hat, kann von unterschiedlichen Gefühlen berichten: Anstrengung, Schmerz (z. B. durch reibende Schuhe), Freude, Stolz … Wandern macht etwas mit uns Menschen – mit Körper und Geist. Davon berichtet Pilgerbegleiter Karl Paar. Was unser Aufenthalt in der Natur mit ihr und ihren BewohnerInnen machen kann, erklärt uns Förster Peter Bedenk.

Wenn wir Menschen uns in der Natur bewegen, dann macht das etwas mit uns. Aber unser Bewegungsdrang macht auch etwas mit der Natur. Ein Pilgerbegleiter erzählt von den Wirkungen des Miteinander-Gehens. Ein Förster klärt über den Wald als Erholungsraum auf.

So manches löst und erledigt sich unterwegs.

Karl Paar

ist zertifizierter Pilgerbegleiter der Pfarre Graz-Mariatrost.

Als ehrenamtlicher Pilgerbegleiter bin ich jedes Jahr ca. 1200 km mit Pilgergruppen zu Fuß auf Pilger- und Weitwanderwegen in und um Österreich unterwegs. Die sowohl ein- als auch mehrtägigen Touren fordern und fördern die körperliche Fitness und Kondition. Aber auch der weiteste Weg beginnt mit dem ersten Schritt, dem persönlichen Willen und der positiven Einstellung, sich auf den Weg einzulassen. Meine Gruppen umfassen meist 10 bis 15 Personen mit unterschiedlichsten Voraussetzungen und Beweggründen. Die Geschwindigkeit wird so gewählt, dass ALLE gut schritt- und mithalten können. Die strahlenden Gesichter am erreichten Tages-/Etappenziel geben Kraft und Zuversicht für weitere Herausforderungen.

Ein Gebet mit den Füßen
Entscheidend für mentale Stärkung und ein positives Wander-/Pilgererlebnis ist erfahrungsgemäß die Gruppendynamik, wenn scheinbar schwierige Passagen gemeinsam leichter gelingen. Die positiven Gespräche miteinander lehren Zuhören, tun gut und können sehr bereichernd sein. Das eine oder andere Gebet – je nach Bedarf ein Morgenlob, eine Abendandacht, ein Lied, ein Impuls am Gipfel oder ein Gottesdienst am Pilgerziel – tun Geist und Seele gut. Die Schöpfung bewusster wahrnehmen und noch mehr schätzen lernen und mit dem Pilgersegen gut und behütet unterwegs sein. „Pilgern & Wållfåhr’n is’ a Gebet, des oft mit die Fiaß’ bet’ wird“, sagte der verstorbene Stroßeggwirt Rudolf Pretterhofer. Viele machen sich mit einem Dank, Hoffnungen, Bitten und Wünschen auf den Pilgerweg. So manches löst und erledigt sich bereits unterwegs – daher lautet auch mein Leitspruch: „Pilgern macht glücklich!“

Wer die Natur nutzt, muss sich bewusst sein, dass er eine „Wohnung“ betritt.

Peter Bedenk

ist Förster der Stadt Graz und leitet das Team der Grazer Waldschule.

Wandern im Wald – kein Problem! Das Forstgesetz ist hier ganz eindeutig auf Seiten der Wanderer. Der Wald darf – mit Einschränkungen – zu Erholungszwecken betreten werden. Der Gesetzgeber grenzt dieses Recht eng ein und ordnet es im Kern Fußgängern, Läufern und Wanderern zu. Das Naherholungsbedürfnis nimmt zu – daher „leistet“ sich eine Stadt wie Graz auch Waldbesitz. Die Sicherstellung dieses Bedürfnisses ist ein wichtiger Aspekt verantwortungsvoller Kommunalpolitik. Der Wald ist aber nicht nur Naherholungsraum, er ist auch Lebensraum für Tiere und Pflanzen! Freizeit-Aktivitäten führen je nach Intensität zu Belastungen des Ökosystems. Dabei wird nicht das Wandern per se zum Problem, sondern damit einhergehende Aktivitäten und daraus resultierende Belastungen.

Respekt vor den Natur-Bewohnern
Immer mehr Menschen „besetzen“ einen immer größeren Raum und beeinflussen den Lebensraum – vom Verschwinden von Jungbäumen und anderen Pflanzen bis hin zum Einfluss auf die Tierwelt: Tiere verändern ihr Verhalten und können sogar abwandern und verschwinden. Das betrifft nicht nur Reh & Hirsch, sondern auch Vögel, Amphibien, Insekten bis hin zu Fledermäusen. Wer die Natur nutzt, muss sich bewusst sein, dass er eine „Wohnung“ betritt – die Wohnung unserer heimischen Tiere und Pflanzen. Und eine fremde Wohnung sollte man immer mit dem nötigen Respekt vor den dort Lebenden betreten. Respekt ergibt sich aus Wissen um Zusammenhänge. In unserer Waldschule am Hilmteich versuchen wir, dieses Wissen Interessierten aller Altersgruppen zu vermitteln.

Näheres: www.gbg.graz.at/waldschule

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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