Gedenken an Roma-Holocaust
Leben in Angst
Gedenken an Roma-Holocaust. Roma-Seelsorgerin Manuela Horvath berichtet von Verfolgung.
In vielen europäischen Staaten ist am Sonntag, 2. August, an die Verfolgung und Ermordung von Sinti und Roma während der NS-Zeit erinnert worden. So wurde auch in Wien an die 500.000 Roma und Sinti, die während der NS-Zeit ermordet wurden, gedacht. Auch heute sei noch mehr Bewusstsein in der Zivilgesellschaft über die Situation der Volksgruppe notwendig, und jeder Einzelne wie auch im besonderen Politiker sollten bei rassistischen Vorfällen die Stimme erheben und „hinter uns stehen“, forderte die Leiterin der Romapastoral der Diözese Eisenstadt, Manuela Horvath, bei einem vom Verein „Lowara-Roma Österreich“ veranstalteten Gedenken am Ceija-Stojka-Platz. „Antiziganismus und Romafeindlichkeit sind Themen unserer Gegenwart“, betonte sie.
Immer wieder rassistische Vorfälle
Trotz der schrecklichen Ereignisse sei es bisher nicht immer gelungen, Lehren aus der Vergangenheit für die Gegenwart und Zukunft zu ziehen, bedauerte Horvath. Die selbst aus der Roma-Volksgruppe stammende Theologin verwies hier auf ein derzeit in staatsanwaltlicher Prüfung befindliches Video mit Hassaussagen gegen Roma und Sinti, die ein steirischer FP-Mandatar im Internet geteilt hatte. Auch unabhängig davon komme es vielerorts immer wieder zu Beschmierungen wie etwa „Roma raus“. Horvath: „Abwarten kann hier fatale Folgen haben. Es gehört zu unserer Verantwortung für eine friedliche Gegenwart und Zukunft, dass wir unsere Stimme erheben, wo Unrecht geschieht.“
Zu mehr Wachsamkeit mahnte bei der Veranstaltung auch der Referatsbischof für Roma, Sinti und Jenische in der Österreichischen Bischofskonferenz, Franz Scharl. Dem „neuen Rassismus“ gelte es Einhalt zu bieten, sagte der Wiener Weihbischof. Wichtig wäre es laut Scharl zudem, ebenso wie die Roma und Sinti auch die Jenischen offiziell als Volksgruppe anzuerkennen. Von Kirchenseite wolle man bereits in naher Zukunft eine eigene Seelsorge für diese Bevölkerung aufnehmen. Als „Brüder und Schwestern“ sollten Roma, Sinti und auch Jenische in allen Bereichen „ihren Platz erhalten“.
Enkelin erzählt von Überlebenden
Zwei der wenigen Überlebenden von damals sind die Großeltern von Roma-Seelsorgerin Horvath, die beide 17-jährig zur Zwangsarbeit in Konzentrationslager deportiert wurden. Es ist ihnen gelungen, sechs Jahre bis Kriegsende zu überleben, allerdings unter „grausamen“ Umständen, berichtete die Enkelin. Der Leidensweg ihres Großvaters ging nach der Befreiung von Mauthausen aber noch weiter, erzählt Horvath.
Nach seiner Rückkehr nach Oberwart habe er mit Entsetzen feststellen müssen, dass dort die einstige Roma-Siedlung nicht mehr existierte. „Es rechnete niemand damit, dass Roma aus den Lagern wieder heimkehren würden, daher wurde die Siedlung geplündert und zerstört“, so die Roma-Seelsorgerin. Nur 19 der 360 verschleppten Oberwarter Roma hätten den Völkermord überlebt. Zeitlebens habe ihr Großvater mit der Angst gelebt, neuerlicher Verfolgung ausgesetzt zu sein, wenn er über seine KZ-Erlebnisse erzähle – und habe dies dennoch getan.
KATHPRESS
Autor:Florian Heckel aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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