Aus meiner Sicht - Anna Maria Steiner, Redakteurin
Zusammenhalten

 

Geradlinig und funktional: Die Büroklammer fasziniert mich, seit ich sie als Hauptschulkind zum ersten Mal in Händen hielt. Später entdeckte ich auch andere Seiten an ihr – Fähigkeiten, die ich ihr auf’s Erste gar nicht beigemessen hätte. Heute markieren mir Büroklammern Seiten im Buch, das ich gerade lese, verschließen ein Packerl Mehl beim Kuchenbacken, und beim Sockenstricken sind mir ihre bunten Kolleginnen Orientierungshilfe am Nadelspiel. Der ursprüngliche Zweck einer Büroklammer ist freilich ein anderer. 1899 meldet der norwegische Mathematiker und Physiker Johan Vaaler Patent an für einen Hilfsgegenstand, der Papierblätter wieder lösbar aneinander zu befestigen vermag. Ob er der Erste war, dem die Idee kam, ein Stück Draht für den genannten Zweck zu biegen – darüber ist die Geschichtsschreibung uneins. Sicher hingegen ist, dass eine im Norwegen der 1940er-Jahre am Revers getragene Büroklammer Zeichen war für den Widerstand gegen die deutsche Besatzung. Gerade in politisch düster-dunklen Zeiten ist „Zusammenhalten“ unumgänglich: Nicht zulassen, dass Ideologien eine Gesellschaft spalten und diejenigen, die wenig haben, aufhetzen gegen jene, die noch weniger haben. Deshalb: Nicht klammern, sondern zusammenhalten.

Anna Maria Steiner, Redakteurin

anna.steiner@graz-seckau.at

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