Positionen - Karl Veitschegger
Osterglaube

Ich mag ehrliche Atheisten. Dazu gehört die Schriftstellerin Simone de Beauvoir († 1986). Konsequent denkt sie ihren Unglauben zu Ende und gesteht in ihren Memoiren: „Manchmal ist mir der Gedanke, mich ins Nichts aufzulösen, genauso abscheulich wie früher. Voller Melancholie denke ich an all die Bücher, die ich gelesen, an all die Orte, die ich besucht habe, an das Wissen, das sich angehäuft hat und das nicht mehr da sein wird. Die ganze Musik, die ganze Malerei, die ganze Kultur, so viele Bindungen: Plötzlich bleibt nichts mehr … Nichts wird stattgefunden haben.“ Wenn Ostern nur ein schönes Frühlingsfest ist und keine tiefere Wahrheit über Tod und Leben enthält, muss ich mich mit einem letzten Blackout abfinden.
Nein, es ist keine Selbstverständlichkeit, an die Auferstehung zu glauben. Nicht nur Thomas hatte da Probleme.

Auch von den anderen Aposteln heißt es noch 40 Tage nach Ostern: „Einige aber hatten Zweifel“ (Mt 28,17). Ich brauche wohl ein liebendes Herz wie Maria Magdalena, um jenen Gott zu „finden“, der die Lebensgeschichte meiner Lieben und auch meine Lebensgeschichte im Tod auffängt, sie heilt und vollendet. Doch auch hier höre ich: „Halte mich nicht fest!“ (Joh 20,17) – „Der Glaubende wie der Ungläubige haben, jeder auf seine Weise, am Zweifel und am Glauben Anteil. Keiner kann dem Zweifel ganz, keiner dem Glauben ganz entrinnen“ (Joseph Ratzinger). So gehe auch ich meinen Weg mit Glaubens- und Unglaubenszweifeln – voll Hoffnung und voll Sehnsucht nach dem Gott des Lebens.
Das war heute sehr persönlich von mir. Aber Ostern geht nicht anders. Schönen Weißen Sonntag!

Karl Veitschegger

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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