Positionen - Elisabeth Wimmer
Kostbares erkennen

Ein Septemberabend 2024 in Sansepolcro, Toskana: In der Fußgängerzone spricht uns ein Ladenbesitzer an: Ob wir denn das Renaissance-Fresko Auferstehung Christi von Piero della Francesca schon gesehen hätten, großer Sohn dieser Stadt. Leider nein, das Museum hatte schon geschlossen, als wir, Reisende zu Fuß, in der Stadt angekommen sind. Und dann erzählt er uns von Anthony Clarke: Der britische Unteroffizier hält sich 1944 als Teil der Alliierten nahe der Stadt auf. An ihren Namen erinnert sich der junge Mann aus der Lektüre eines Reise-Essays von Aldous Huxley – und dass der Autor darin die Auferstehung „das großartigste Bild der Welt“ nennt. Dessen Zerstörung will Clarke auf keinen Fall riskieren und erreicht, dass die Stadt nicht beschossen wird.

Seiner Wachheit und seinem Mut ist es zu verdanken, dass das Fresko überlebte. Diese Geschichte handelt von einem, der Verantwortung übernommen und sich für etwas eingesetzt hat, dessen Wert in jenem Moment nur er erkannt hatte. Es ist auch eine Geschichte vom Wert der Bildung. Und von der leisen Gemeinschaft derer, die geistigen Reichtum achten, die Kostbares erkennen und schützen – auch dann, wenn Unwissenheit, grobe Hände oder verstellte „Kreidestimmen“ menschliche Werte gefährden.

Elisabeth Wimmer

redaktion@sonntagsblatt.at

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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