Positionen - Karl Veitschegger
Gott*, Gott+

Besuchen auch Sie im Sommer gerne alte Kirchen? Sie sind kühl, ruhig und erzählen von Gott, jede auf ihre Weise. Dass Gott in ihnen meist als „alter Mann“ dargestellt ist, mag heute befremdlich anmuten. Schuld daran ist übrigens eine Stelle im Buch Daniel (7,9), die Gott als „Hochbetagten“ beschreibt. Diese Symbolisierung hat sich später in der christlichen Kunst übermächtig durchgesetzt. Jesus redet Gott als „Vater“ an, allerdings mit dem aramäischen Kosewort „Abba“ (lieber Papa). Und er nennt ihn zugleich „barmherzig“. Im hebräischen Wort für „Barmherzigkeit“ steckt das Wort „Mutterschoß“. Der Gott, den Jesus verkündet, ist kein unerbittlicher Patriarch, sondern liebt zärtlicher als der beste Vater und die beste Mutter.

Wir können über Gott nur in Bildern sprechen, aber es müssen nicht nur „Mannsbilder“ sein. Die Bibel bietet eine Fülle von Bildern und Symbolen an. Freilich gilt immer, was das IV. Laterankonzil 1215 erklärt hat: „Zwischen dem Schöpfer und dem Geschöpf kann man keine so große Ähnlichkeit feststellen, dass zwischen ihnen nicht eine noch größere Unähnlichkeit festzustellen wäre.“ Das heißt: Achtung! Jede noch so richtige Vorstellung von Gott enthält mehr Unrichtiges als Richtiges.

Katholische Jugendorganisationen in Deutschland haben deswegen vorgeschlagen, man möge, wen man das Wort „Gott“ schreibt, es mit einem Zusatzzeichen versehen: „Gott*“ oder „Gott+“. Ich weiß nicht, ob sich das durchsetzt, aber zum Nachdenken darf es anregen. Gott ist uns ganz nahe, aber zugleich alles übersteigend, was wir denken, fühlen und darstellen können.

Karl Veitschegger

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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