Offen gesagt - Andreas Gjecaj
Ein Gott namens Markt
Warum ist der Tag der menschenwürdigen Arbeit (7.10.) für ChristInnen wichtig?
Jetzt sind schon 20 Jahre vergangen, seit die deutsche Theologin Dorothee Sölle verstorben ist. Sie beschrieb den Verlust menschenwürdiger Arbeit so: „Der neue Gott ist allgegenwärtig. Er bemüht sich, das alte Über-Ich, das Gut von Böse zu unterscheiden lehrte, zu entwichtigen. Hinter dem neuen Apparat, der alte Einrichtungen wie Kirche, Schule und Familie längst überholt hat, steht der größte, alles beherrschende Gott, der ‚MARKT‘ heißt. Hast du etwas anzubieten, ist es verkäuflich, rechnet es sich, fragt er. Andere Fragen kennt er nicht. Er sorgt dafür, dass die Äpfel von nebenan weggeworfen werden und die Frauen im Süden der Erdkugel, die vor zwanzig Jahren noch Bohnen und Mais für den eigenen Bedarf anbauen durften, heute Orchideen und Südfrüchte für den Export züchten. Es ist der Weltmarkt, der sie zu weiterer Verelendung zwingt.“ Nicht weniger radikal schreibt der deutsche Theologe Reimer Gronemeyer: „Wer den Marktgesetzen widerspricht, ist schlechter dran als ein Ketzer, denn er ist nach allgemeiner Übereinkunft ein Trottel. Der Markt … wird die in den Jahrhunderten der Aufklärung gewachsenen Ansprüche der Menschen niedertrampeln: Gerechtigkeit für einen Schmarren und Humanität als eine unzeitgemäße Sentimentalität diskreditieren.“ Prophetische Worte!
Andreas Gjecaj ist Generalsekretär der Fraktion Christlicher GewerkschafterInnen und Präsident der Katholischen Aktion Steiermark.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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