Positionen - Leopold Neuhold
Den Blick frei machen

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Michelangelo wurde gefragt, wie er so großartige Skulpturen schaffen könne. „Ganz einfach!“, war seine Antwort. „Wenn ich einen Marmorblock betrachte, sehe ich die Gestalt, die ich herausarbeiten will, vor meinen Augen, ich muss nur noch das wegnehmen, was nicht dazugehört.“
Ich weiß, die Vorsätze für ein neues Jahr beziehen sich auf vieles, was noch erreicht werden soll, was das Leben zu bereichern verspricht. Aber wäre es nicht manchmal gut danach zu fragen, was nicht zu uns passt, was weggestemmt werden sollte? Natürlich: Viele haben sich vorgenommen, Gewicht abzubauen. Aber dieser Vorsatz wird leicht aufgeschoben. Angeblich hat jemand über die Jahre schon zwei Tonnen abgenommen …
Noch manch anderes sollten wir reduzieren, damit wir das werden können, was wir in den Augen Gottes sind. Dazu gilt es, der Sehnsucht einen Weg zu ebnen. Sie ist ein Werben Gottes darum, nicht unter dem Niveau zu bleiben, auf das hin er uns geschaffen hat.
In der schnellen Bedürfnisbefriedigung lassen wir diese Sehnsucht oft verkümmern – auch deswegen, weil uns so vieles den Blick verstellt auf die Gestalt, die wir in den Augen Gottes sein können und sollen.
Leopold Neuhold
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Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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