Zusammenstehen
Über eine arabisch-jüdische Friedensinitiative berichteten Isabel Frey und Najwa Duzdar am 21. Mai in Graz.
Für die jüdische Musikerin Isabel Frey, aufgewachsen in einer liberalen Familie, ist die positive Einstellung zum Staat Israel immer selbstverständlich gewesen. Ein einjähriger Aufenthalt in einem Kibbuz im Süden Israels bot ihr die Gelegenheit, auch das Schicksal jener Menschen kennenzulernen, die außerhalb dieses Staates in den Westbanks unter israelischer Besatzung leben.
Von Ostjerusalem nach Wien. Najwa Duzdar ist in Ostjerusalem geboren und aufgewachsen. Die Familie ihres Vaters war zunächst vom Heimatort an der Mittelmeerküste nach Jerusalem vertrieben worden, bevor er mit ihrer österreichischen Mutter und den Kindern nach Wien gezogen ist. Najwa Duzdars Kindheitserinnerungen umfassen sowohl die attraktiven Einkaufsmöglichkeiten im westlichen, jüdischen Jerusalem als auch das Gefühl, sich bei zahllosen Kontrollen ständig für die eigene Existenz „zu Hause“ rechtfertigen zu müssen.
„Standing Together“. Am 21. Mai sprachen Isabel Frey und Najwa Duzdar im Bischof-Zwerger-Saal der Pfarre Graz-Herz Jesu unter dem Titel „Standing together – Zusammenstehen“ über ihre arabisch-jüdische Friedensinitiative. Veranstalter war das Grazer Komitee für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Kooperation mit dem Ökumenischen Forum Steiermark, der PPH Augustinum und der Katholisch-Theologischen Fakultät Graz.
Die Sprache des „anderen“ neu hören. Der 7. Oktober 2023 hatte das Leben beider Frauen auch im sicheren Wien verändert. Unmittelbar nach dem schrecklichen Massaker der Hamas (mit Todesopfern auch in dem erwähnten Kibbuz) und dem Beginn des massiven Krieges in Gaza hat Isabel Frey – so erzählt sie – klar gesehen, dass alle einseitigen Solidaritätsbekundungen den tödlichen Konflikt letztlich nur weiter befeuern.
Deswegen organisiert die von ihr mitbegründete Initiative „Standing together“ seither GEMEINSAME Mahnwachen für die Opfer auf BEIDEN Seiten. Ohne Fahnen. Ohne politische Slogans. Ohne Plädoyers für eine Zwei-Staaten-Lösung oder sonstige Konzepte. Jüdische und palästinensische Menschen machen hier in Österreich die mitunter neue Erfahrung, dass auch die Sprache des „anderen“ freundlich gemeint sein kann.
Mutig, bewegt und bewegend erzählen die beiden Frauen an diesem Abend in Graz aus ihrem Leben, von ihren Erfahrungen und Anliegen, verstärkt durch einfühlsame jiddischsprachige Musikbeiträge von Isabel Frey.
Ein leises und zugleich beredtes Zeichen, wie ein erster Schritt zum Frieden möglich ist: nicht nur den eigenen Schmerz, sondern auch den der anderen wahrnehmen und ernstnehmen. Ob so der gegenwärtige Tiefpunkt an Menschlichkeit zugleich auch Anfang einer friedlichen und gerechten Zukunft für alle beteiligten Seiten werden kann?
Markus Ladstätter
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.