Salzburger Hochschulwochen
Warum wir mehr Weniger brauchen I
Reduktion ist Thema der diesjährigen Salzburger Hochschulwochen. Die WissenschaftlerInnen arbeiten an Lösungen, Reduktion auch als Mehrwert sehen zu können.
Mit einem Plädoyer, notwendige Reduktionen im gesellschaftlichen, aber auch im kirchlichen Kontext nicht nur als Zeichen von Abbruch und Weniger zu betrachten, sondern als Chance zu einem Mehr an Sinn, Freude und Frieden zu begreifen, hat Erzbischof Franz Lackner die heurigen Salzburger Hochschulwochen eröffnet. Die renommierte Veranstaltung steht heuer unter dem Titel „Reduktion! Warum wir mehr Weniger brauchen“ und läuft von 31. Juli bis 6. August.
Für moderne Gesellschaften sei Reduktion eine Zumutung, sagte der Obmann der Salzburger Hochschulwochen, der Theologe Martin Dürnberger: „Für Gesellschaften wie die unseren, die auf Erzählungen von Wachstum und Fortschritt gepolt sind und in denen die Logik des Höher, Schneller, Weiter, Mehr historisch einen unglaublichen Zuwachs an Wohlstand und Freiheitsräumen freigesetzt hat – für diese Gesellschaften muss die Rede von Post-Wachstum oder gar Reduktion verständlicherweise eine tiefe Irritation sein.“
Mit Blick auf die Krisen dieser Zeit sei der Generationenvertrag hinfällig, dass die Kinder es einmal besser haben sollen als die Eltern. „Die Zukunft hat, so scheint es, ihre beste Zeit vielleicht hinter sich.“ In dieser Woche gehe es in Salzburg darum, an möglichen Lösungen zu arbeiten, wie Reduktion auch als Mehrwert gesehen werden könne.
Wie kann eine unausweichliche Reduktion auch im kirchlichen Bereich gelingen, ohne den Wesenskern des Christentums – etwa sein Beharren auf Vielfalt – zu verraten? Dieser Frage ging der Paderborner Theologe Prof. Aaron Langenfeld in seinem theologischen Eröffnungsvortrag der heurigen Salzburger Hochschulwochen nach. Aus dem christlichen Anspruch, Welt nicht als Gegenüber oder „Versuchungsort“ zu verstehen, sondern als Ort der Erkenntnis und Erfahrung Gottes, folge zugleich, dass jede Reduktion im kirchlichen Bereich sich der Frage stellen müsse, was gegeben sein muss, um diese Erfahrung weiterhin zu ermöglichen.
Die Münchner Ethikerin und Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Prof. Alena Buyx, betonte im zweiten Vortrag des ersten Hochschulwochen-Tages die Bedeutung gemeinsamer, interdisziplinärer Ansätze in der Ethik bzw. der Ethikberatung. „Gerade in Zeiten wie diesen ist eine Zusammenführung unterschiedlicher Überzeugungen zur gemeinsamen Lösung von ethischen Fragen wichtig.“ Nur so könne einer grassierenden Wissenschaftsskepsis, Verschwörungstheorien sowie polarisierten Debatten entgegengetreten werden, zeigte sich Buyx überzeugt.
Die Krise der katholischen Kirche zeigt sich nicht nur in den hohen Austrittszahlen oder den erhitzten Debatten über Synodalität und Reformen, sondern auch im Herzstück kirchlichen Lebens, dem Gottesdienst. Das hat der Erfurter Liturgiewissenschaftler Prof. Benedikt Kranemann bei seinem Vortrag betont. „Die Krise der Kirche ist auch eine Krise der Liturgie.“ Dieser Niedergang sei „unübersehbar und wohl unvermeidbar, eventuell aber auch heilsam“.
Mögliche Auswege böte mehr Mut zum Experiment, mehr Einbeziehung der Gemeinden in die Liturgie-Gestaltung und eine größere Nähe zur Lebenswelt der Menschen, zeigte sich Kranemann überzeugt.
Den Festvortrag zum Abschluss der diesjährigen Salzburger Hochschulwochen hält der Physik-Nobelpreisträger Anton Zeilinger.
HENNING KLINGEN/KATHPRESS
Salzburger Hochschulwochen
Die Salzburger Hochschulwochen finden seit 1931 statt und gelten als älteste Sommeruni-versität Europas. Sie verstehen sich als Dialog-forum von Theologie und säkularen Wissenschaften zu aktuellen Fragen.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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