Künstliche Intelligenz einhegen
Zu Problemen bei Cyber-Sicherheit und Medienpluralismus könnte Künstliche Intelligenz führen sowie zu „Überwachungskapitalismus“.
Ist es sinnvoll, „Künstliche Intelligenz“ (KI) zu begrenzen und ihr Regeln zu geben?
Mit einem „Unentschieden“ antwortet die aktuell am häufigsten befragte Künstliche Intelligenz, der Chatbot ChatGPT, auf diese Frage.
Was sagt eigentlich ChatGPT dazu?
Für eine Einhegung durch internationale Regeln würden ethische Probleme, Sicherheitsfragen sowie die Frage nach der Verantwortung im Fall von Schäden durch KI sprechen. Dagegen die Tatsache, dass eine Regulierung zugleich Innovation abwürgen könnte, dass KI auch zu sehr nützlichen Dingen eingesetzt werden könne und letztlich „die Autonomie von KI-Systemen eingeschränkt“ werde. Als wäre die KI eine Person, deren Autonomie es zu schützen gelte …
Jenseits solcher kleinen Experimente und Spielereien, die zweifellos eine große Faszination ausüben, befassen sich zahlreiche Medienethiker aktuell mit der Frage, ob es nicht ein internationales Set an Regeln braucht, um Künstliche Intelligenzen einzuhegen. Zuletzt hat die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) Punkte wie Sicherheitsrisiken, Hassrede und Medienpluralismus benannt, in denen KI-Systeme im Bereich der Medien und der Öffentlichkeit eine besondere Herausforderung darstellten.
Der Wiener Medienethiker Prof. Alexander Filipovic hat dazu in einem Beitrag für die „Furche“ (27. April) ausgeführt, was dies konkret bedeutet.
Hassrede und Überwachungskapitalismus
Durch Fake-News-Bots könnten verbrecherische Staaten andere Staaten in ihren demokratischen Prozessen stören. Wenn durch diese „neue Form von Cyberangriffen“ öffentliche Meinungsbildungsprozesse empfindlich beeinträchtigt werden, trage das zur Destabilisierung von Gesellschaften bei. Auch Angriffe auf mediale Infrastrukturen, etwa Datenbanken von Zeitungen oder die Sendetechnik des Rundfunks durch KI-Systeme, seien denkbar. Geschürt werden könnte damit auch Hassrede, die „auch ohne KI schon eine Seuche“ sei: „Zwar kann KI auch helfen, Hassrede durch automatische Moderation in Foren zu unterbinden, aber KI-Systeme können Hassrede auch automatisch generieren und zur Störung von konstruktiven politischen Debatten ausspielen.“
Die OSZE habe schließlich auch auf die durch KI geförderte Veränderung des Geschäftsmodells der Medien hingewiesen: Es sei eine Form von „Überwachungskapitalismus“, wenn Medien immer mehr nicht nur mit gut recherchierten Informationen handeln würden, sondern mit den Daten ihrer Leserinnen und Leser, die sie auf ihren Webseiten und in Social Media sammeln. Und Personalisierung-Algorithmen würden Leser nur mit dem konfrontieren, was sie mögen und kennen – für Filipovic ein Widerspruch zur Idee von demokratischer Meinungsbildung. Zur Debatte stehe damit auch die Macht von Technologieunternehmen.
Kathpress
Keine Moral-Maschine
Über Unterschiede in der journalistischen Produktion.
Für den Wiener Medienethiker Alexander Filipovic besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen menschlicher und maschineller journalistischer Produktion in einem moralischen Antrieb, wie er in einem Text für die Freiburger „Herder-Korrespondenz“ (März) betont. „Von Moral weiß natürlich auch ChatGPT, aber nur, weil die Maschine Texte kennt, die Moral zum Gegenstand haben. Ein moralisches Urteil ist ihr nicht möglich.“ Menschen könnten dagegen Leid und Ungerechtigkeit wahrnehmen und Ideologie aufspüren.
Ein großer Unterschied zu Medienschaffenden sei zudem, dass eine Maschine keine Verantwortung in einem anspruchsvollen Sinne übernehmen könne. „Journalisten rechnen dauernd damit, sich für ihr Tun rechtfertigen zu müssen. Warum die eine Geschichte und nicht eine andere? Warum das Foto aus dem Erdbebengebiet, das Leid und Tod direkt zeigt? Warum wurde die Nationalität des mutmaßlichen Verbrechers nicht genannt?“, so der Ethiker. Man werde sich an automatisch erstellte Inhalte gewöhnen. „Aber wenn es um Politik, Rechte, Menschenwürde, Machtkritik, Gerechtigkeit und Verletzlichkeit geht, benötigen wir die natürliche, mit Emotionen und Engagement verbundene Intelligenz verantwortlicher Menschen – die gut mit KI-Systemen zusammenarbeiten können“, so Filipovic.
„Technik ist niemals neutral“
Hinter diesen teils sehr konkreten Anwendungsfragen steht für Filipovic eine weitere, deutlich fundamentalere Überzeugung, die auch von Papst Franziskus geteilt und immer wieder betont wird: Jene, dass Technik an sich „niemals neutral“ ist und daher eines wachsamen Auges bedarf. „Wie können wir sicherstellen, dass Technik nicht zu einem Herrschaftsinstrument einiger weniger wird oder Technik sich als Herrschaftsideologie verselbstständigt?“, fragte Filipovic zuletzt in einem Essay in der Zeitschrift „miteinander“ (Ausgabe 3/4). Hier sei die Politik gefragt – diese müsse Regeln und Vorgaben erlassen.
Ist es also sinnvoll, KI zu begrenzen und ihr Regeln zu geben? „Letztendlich ist es eine komplexe Frage, wie man mit KI umgehen und welche Begrenzungen und Regeln angemessen sind. Es bedarf einer ausgewogenen Diskussion und Abwägung der verschiedenen Aspekte, um angemessene Richtlinien und Regulierungen für den Einsatz von KI zu finden.“ – So lautet die ausweichende Antwort von ChatGPT. Medienethiker Filipovic ist da wohl deutlicher. Bei allen Potenzialen – es bleibt eine Grundsorge, die in der Grundüberzeugung wurzelt, dass Technik an sich „nie neutral“ ist.
Kathpress
Im Originalton
„Mit dem Herzen sprechen“ ist das Motto der Botschaft von Papst Franziskus zum diesjährigen „Welttag der sozialen Kommunikationsmittel.
Von der Liebe geleitet die Wahrheit bezeugen
In einer Zeit der Geschichte, die von Polarisierungen und Gegensätzen geprägt ist, sind wir alle dazu aufgerufen, die Wahrheit zu suchen und zu sagen, und zwar in Liebe.
Eines der leuchtendsten und auch heute noch faszinierenden Beispiele für das „Sprechen mit dem Herzen“ ist der heilige Kirchenlehrer Franz von Sales. Eine seiner berühmtesten Aussagen, „das Herz spricht zum Herzen“, hat Generationen von Gläubigen inspiriert, darunter auch den heiligen John Henry Newman, der sie zu seinem Motto „Cor ad cor loquitur“ machte. „Es genügt, richtig zu lieben, um gut zu sprechen“, war eine seiner Überzeugungen. Das zeigt, dass Kommunikation aus seiner Sicht niemals auf einen Kunstgriff, auf eine – wie wir heute sagen würden – Marketingstrategie reduziert werden darf, sondern dass sie der Spiegel der Seele ist, die sichtbare Oberfläche eines für die Augen unsichtbaren Kerns der Liebe.
Von diesem „Kriterium der Liebe“ ausgehend, erinnert uns der heilige Bischof von Genf daran, dass „wir sind, was wir kommunizieren“. Wenn wir uns die heutige Kommunikationslandschaft anschauen: Sind das nicht genau die Merkmale, über die ein Artikel, eine Reportage, ein Radio- oder Fernsehbeitrag oder ein Post in den Sozialen Medien verfügen sollte? Mögen sich die, die im Bereich der Kommunikation tätig sind, von diesem Heiligen der Zärtlichkeit inspirieren lassen, indem sie mutig und frei die Wahrheit suchen und sagen, aber der Versuchung widerstehen, plakative und aggressive Ausdrücke zu verwenden.
Es ist heute notwendiger denn je, mit dem Herzen zu sprechen, um dort, wo Krieg herrscht, eine Kultur des Friedens zu fördern, und dort, wo Hass und Feindschaft wüten, Wege für Dialog und Versöhnung zu öffnen.
Botschaft
Die gesamte Botschaft von Papst Franziskus zum 57. Welttag der sozialen Kommunikationsmittel finden Sie unter www.sonntagsblatt.at/mediensonntag
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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