Katholischen Aktion
Arbeiten, um gut zu leben
Die Fronleichnamsakademie der Katholischen Aktion auf Spurensuche nach dem, was den Menschen ausmacht und ob Arbeit dazugehört.
Große Fragen brauchen differenzierte Antworten, so ein Motto der Katholischen Aktion Steiermark. Solche Antworten wurden bei der Fronleichnamsakademie gesucht, die am 15. Juni 2022 nach längerer Corona-Pause wieder stattfand.
Im Vortragssaal des Universalmuseums Joanneum in Graz versuchten sich Ex-Minister Rudolf Anschober, Stefan Rohrlinger (Leiter des Development Center von Infineon) und Markus Schlagnitweit (Direktor der Katholischen Sozialakademie Österreichs) an der Frage, was den Menschen ausmacht, ob Arbeit Sinn stiftet, ob man lebt, um zu arbeiten, oder ob man lieber arbeitet, um zu leben.
Gutes, erfülltes Leben. Für Rudolf Anschober ist es besonders wichtig, „dass unser Leben mit Arbeit und Wirtschaft übereinstimmen“ muss. Ziel für jeden Menschen sei es doch, am Lebensende eine Bilanz ziehen zu können „über ein gutes, erfülltes Leben“, in dem man Träume und Visionen verwirklicht habe. „Die Menschen wollen heute nicht mehr Sklaven der Arbeit sein. Ein Viertel der Beschäftigten möchte früher in den Ruhestand gehen, ein Drittel der Beschäftigten sehnt sich nach einem Jobwechsel“, so der Ex-Minister. Für ihn ist klar ersichtlich, dass immer mehr Menschen „nämlich mehr Zeit für Freunde und Hobbies, für Familie, Gesundheit, die eigene Selbstverwirklichung als sinnvoller und wichtiger erachten als die Arbeit“. „Vor allem die jungen Menschen haben hier ein neues Selbstbewusstsein entwickelt.“
Wer wird die Arbeit erledigen? Diese Beobachtung bestätigte auch Infineon-Manager Stefan Rohringer. Bewerberinnen und Bewerber fragen in den Bewerbungsgesprächen relativ rasch nach flexiblen Arbeitszeiten, nach weniger Arbeitszeit und nach Home-Office: „Aber wer wird die Arbeit erledigen, die da ist, wenn alle weniger machen wollen und wenn wir nicht mehr Arbeitskräfte haben?“ Denn die Demografie spielt der Wirtschaft hierbei nicht in die Hände. Sinn sieht er darin, „Erfolg“ bei der Arbeit zu haben: „Wir wollen große gesellschaftliche Fragen mit technischen Möglichkeiten beantworten und das Leben einfacher machen.“
Großteil der Arbeit ohne Entgelt. Markus Schlagnitweit von der Katholischen Sozial-akademie verwies auf die Prinzipien der katholischen Soziallehre: Man müsse einerseits selbstverständlich von der Arbeit leben können. Andererseits brauche man aber auch Raum für Kreativität. Im Idealfall schaffe Arbeit Identität, soziale Anerkennung und eine Stellung in der Gesellschaft. „Die katholische Soziallehre könnte noch immer viel zum Lösen der Probleme unserer Zeit beitragen“, ist Schlagnitweit überzeugt. Gleichzeitig sprach er sich auch für eine „Grundsicherung“ aus, weil zwei Drittel aller Arbeiten ohne Entgelt erfolge, die aber gleichzeitig für die Gesellschaft ungemein wichtig sei.
Pflege, Bildung, Green Jobs. In die Zukunft schauend blitzte bei Rudolf Anschober dessen „grüne“ Vergangenheit auf. Als sinnvolle Arbeitsfelder definierte er einerseits Pflege und Bildung, weil jene Bereiche wichtiger werden, in denen es „um Menschen“ gehe. Motoren für die Entwicklung wären andererseits Jobs in jenen Branchen, die sich mit dem Ausstieg aus den fossilen Energieträgern beschäftigen. In diesen Arbeitsfeldern sei ein vollständiger Umbau nötig.
Thomas Stanzer
Fronleichnamsakademie
Im Rahmen ihres gesellschaftspolitischen Engagements initiiert die Katholische Aktion bei der Fronleichnamsakademie am Vorabend von Fronleichnam jeweils einen Nachdenkprozess zu einem gesellschaftlich brisanten Thema.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.