Stichwort: Synodalität
Hierarchie oder Demokratie?

- Die runden Tische wurden bei der Weltsynode in Rom zum Symbolbild einer neuen Gestalt und eines sich wandelnden Selbstverständnisses der katholischen Kirche.
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Wie ist die Kirche verfasst? Weihbischof Johannes Freitag soll als „Bischofsvikar für Synodalität“ wirken. Dabei geht es um zuhörende Leitende und wachsende Träume.
Der Kabarettist Oliver Hochkofler, er ist evangelischer Christ, hat in einem seiner Programme gesagt: „Der größte Vorteil der evangelischen Kirche ist, dass sie demokratisch organisiert ist. Und der größte Vorteil der katholischen Kirche ist, dass sie nicht demokratisch organisiert ist.“ Ich würde sagen, er hat nicht ganz unrecht, aber auch nicht ganz recht.
Ist die Kirche demokratisch verfasst oder hierarchisch? Diese Gegenüberstellung kann man oft hören. Den meisten erscheint sie zu hierarchisch und zu wenig demokratisch. Was das Wesen der Kirche, auch ihrer Struktur und Organisation ist, kann jedoch mit keinem dieser Begriffe wirklich erfasst werden. Ich verwende stattdessen lieber zwei andere Adjektive, die uns das besser erschließen können: sakramental und synodal. Sie meinen Ähnliches, aber doch anders. Und sie verlangen kein „Entweder – Oder“, sondern ein „Sowohl – Als auch“. Sie beschreiben keine Alternative und schließen einander nicht aus, sondern eine Synthese. Sie bedingen einander wie die beiden Pole eines Magneten, zwischen denen sich das Spannungsfeld des kirchlichen Lebens entfaltet.
Kirche ist sakramental
Die Kirche ist Sakrament und sie lebt aus den Sakramenten. Damit meine ich kein Ritual, keine gottesdienstliche Feier, sondern eine grundlegende Deutung der eigenen Wirklichkeit. Wir leben als Kirche von etwas, das wir uns nicht selbst geben können. Sakrament bedeutet, dass Gott uns mit all dem beschenkt, was wir zum Leben brauchen. Niemand kann sich selbst das Leben geben. Es ist Gott, der lebendig macht und wachsen lässt. Das gilt auch für die Gemeinschaft der Kirche, den mystischen Leib des auferstandenen Christus. Kirche ist ein lebendiger Organismus, der Nahrung von außen zu sich nehmen muss, um nicht abzusterben.
Leben wir in dem Bewusstsein „Wir selbst machen die Kirche, wir können aus uns selbst alles hervorbringen, was wir brauchen, und wir genügen uns selbst“, dann wird das kirchliche Leben bald verkümmern und versteinern. Dann sind wir auch nicht mehr die Kirche Jesu Christi, sondern bestenfalls ein gemeinnütziger Verein oder eine NGO mit sozialer Ausrichtung. Kirche sein können wir nur in dem Bewusstsein „Zuallererst sind wir Empfangende, und das, was uns leben lässt, wird uns geschenkt, wenn wir in einer lebendigen Beziehung zu Christus stehen“. Auch jede hierarchische Struktur in der Kirche ist kein Selbstzweck und darf sich nicht als autokratische Machtfülle inszenieren, sondern ist der Aufgabe verpflichtet, die Einheit aller in Christus sicherzustellen und den in seiner Kirche handelnden Christus darzustellen.
Kirche ist synodal
Aber es gibt nicht nur die Dimension des „Von oben herab“. Deshalb ist auch das synodale Prinzip in der Kirche ganz wesentlich. Das Wort „Synode“ bedeutet aus dem Griechischen abgeleitet „gemeinsamer Weg“. Auch im Miteinander der kirchlichen Gemeinschaft, in der Erfahrung des gemeinsamen Unterwegsseins, als Pilger inmitten dieser Welt, im lebendigen Zusammenwirken aller Einzelnen mit ihren Charismen und Fähigkeiten zeigt sich das Wirken Gottes, das Wirken des Heiligen Geistes. Von Anfang an, seit den Tagen der Apostel, hat es in der Kirche Beratungen und Abstimmungen gegeben. Da ist auch heftig gestritten worden – sogar über ganz wesentliche Glaubensfragen.
Aber es geht nicht einfach um demokratische Mehrheitsbeschlüsse wie im Parlament. Synodale Entscheidungsfindungsprozesse finden immer eingebettet in das Gebet, in das gemeinsame Hinhören auf Gott statt. Das ist der wesentliche Unterschied. Es darf nicht darum gehen, eigene Interessen durchzusetzen, sondern es muss immer das Ziel sein, den Willen Gottes zu erkennen und sich von seinem Geist führen zu lassen.
Der ägyptische Jesuit Henri Boulad hat bereits 2007 in unserem Sonntagsblatt gesagt: „Meine Vision ist, dass die gesamte Kirche in eine dreijährige synodale Periode eintritt, wo auf allen Ebenen von der Basis bis an die Spitze und von der Spitze zur Basis jeder einbezogen wird in ein Nachdenken über die Kirche, ihre Zukunft und die Weise, wie sie sich vorwärts bewegen soll. Nicht nur die Hierarchie. Natürlich sie auch, aber unter der Voraussetzung, dass unsere leitenden Personen zuhören. Sie sollten zuhören. Der Geist weht überall, auf allen Ebenen der Kirche.“ Schön, dass Papst Franziskus nun diese Vision in die kirchliche Realität eingepflanzt hat.
Und Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, rechtfertigte den in Deutschland beschrittenen „Synodalen Weg“ so: „Heiliger Vater, wir bearbeiten nicht Texte, sondern Träume, die wachsen sollen.“
Alfred Jokesch
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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