Sprache in der Liturgie 2/3
Ein Raum der Verbundenheit

Kirchenräume sollen helfen, in die Begegnung mit Gott einzutauchen und Gemeinschaft zu erleben. Im Bild: die Pfarrkirche Bad Aussee			 | Foto: Neuhold
  • Kirchenräume sollen helfen, in die Begegnung mit Gott einzutauchen und Gemeinschaft zu erleben. Im Bild: die Pfarrkirche Bad Aussee
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Die Zeitschrift „Heilger Dienst“ veröffentlichte einen Gedankenaustausch zwischen Sascha Heinze und Alfred Jokesch über die Sprache in der Liturgie. Wir bringen Auszüge daraus in drei Teilen.

  • Jokesch: Wenn ich zum Gottesdienst gehe, begebe ich mich hinein in einen Raum, der mich aus dem Alltäglichen heraushebt, der wohl einen anderen Charakter hat, ich kann aber alles, was mich gerade beschäftigt, mitnehmen und vor Gott hinlegen. Es ist kein abgesonderter Raum.

  • Heinze: Es ist ein Raum einer größeren Verbundenheit, wo mein eigenes Leben in ein größeres Licht gestellt wird, das mir neue Möglichkeiten und Perspektiven eröffnet oder mir Halt geben kann. Da prallen verschiedene Verständnisse aufeinander: Ist Gottesdienst Dienst für Gott? Dann stünde der Lobpreis Gottes im Mittelpunkt. Oder liegt das Lob Gottes darin, dass ich mein Leben verstehe, dass ich mit dem Leben in Beziehung trete?
  • Jokesch: Irenäus von Lyon hat gesagt: „Die Ehre Gottes ist der lebendige Mensch.“
  • Heinze: Genau. Wie tragen die Liturgie und die Sprache der Gebete dazu bei, dass diese Lebendigkeit in mir wachsen kann?
  • Jokesch: Auch Gemeinschaftserfahrung ist eine Hilfe zur Begegnung mit Gott. Doch wie weit ist bei unserer Art zu feiern Gemeinschaft erlebbar?
  • Heinze: Das hat auch mit Kirchenräumen zu tun. Ich erinnere mich an mein Pastoraljahr im Allgäu. Dort, in einer riesigen Basilika, die im Winter dunkel war, habe ich erst beim Kommunionausteilen realisiert, wie viele Leute da sind. Von vorne habe ich sie bei dem Schummerlicht nicht sehen können. Räume machen da sehr viel aus.
  • Jokesch: Es ist auch bezeichnend, welchen Platz Mitfeiernde im Raum einnehmen. Oft wählen sie den Sitzplatz, der die größtmögliche Distanz zum nächsten bietet. Als während der Corona-Zeit verordnet wurde, dass zwei Meter Abstand einzuhalten sind, habe ich scherzhalber gesagt: Jetzt müssen wir näher zusammenrücken.
    Der Gottesdienstraum soll ein mystischer Raum sein. Mit „mystisch“ meine ich jedoch nicht eine Mittelalter-Nostalgie, eine Sehnsucht nach Vergangenem, das durch die lateinische Sprache, Choräle, barocke Gewänder und Weihrauch heraufbeschworen wird. Für mich ist ein mystischer Raum einer, der mir hilft, in die Begegnung mit dem lebendigen Gott einzutauchen.

  • Heinze: Und mich nach vorne ausrichtet. Die Mystik sagt: „Der Mystiker findet sich auf dem Marktplatz wieder.“ Mystiker ist nicht der, der sich stimmungsvoll in irgendeine fremde Welt flüchtet. Echte Mystik muss ins konkrete Leben hineinführen.
  • In unserer Zeit haben die Menschen unterschiedliche Gottesbilder. Auch darauf ist zu achten: Wer betet hier? Und mit welchem Hintergrund und Verständnis?
  • Jokesch: Heute gibt es in unserer Gesellschaft ein Nebeneinander unterschiedlicher Lebensbereiche und Gruppen, die ihre je eigene Sprache entwickeln und wenig Berührungspunkte haben.
  • Heinze: Bei Kindergottesdiensten traut man sich ja, eine eigene Sprache zuzulassen, oder wenn Du mit Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen Gottesdienst feierst, dann wirst Du auch eine andere Sprache verwenden, oder?
  • Jokesch: Durchaus. Aber viel wichtiger erscheint mir in diesem Fall, auf die Gesten und die innere Haltung zu achten. Wenn es spürbar wird, dass da jemand tatsächlich betet und nicht bloß ein Gebet herunterliest, dann sind die Worte selbst nicht so entscheidend. In unseren Gottesdiensten werden zwar viele Gebete gesprochen, aber beten wir dabei wirklich? Nach der Aufforderung: „Lasset uns beten!“, halte ich eine Stille, in der sonst nichts geschieht. Diese Stille darf nicht als Wartezeit erlebt werden, bis der Ministrant das Messbuch aufgeschlagen hat, sondern als Zeit der Sammlung und des persönlichen Gebetes.
  • Heinze: Wenn das neue Messbuch erscheint, wünsche ich mir, dass es Gebete enthält, in denen das Geheimnis, das wir feiern, sprachlich so zum Ausdruck kommt, dass es sich mir im Augenblick erschließt.
  • Jokesch: Mir wäre auch wichtig, dass die Sprache eine gewisse Poesie hat und nicht wie ein theologischer Traktat klingt. Es sollte die Tatsache stärker beachtet werden, dass die liturgischen Gebete gesprochene Texte sind. Sie brauchen einen einfachen, klaren Aufbau und kurze Sätze. Der Radio-Sprecher Dieter Dorner hat einmal gesagt: Ein gesprochener Satz soll nicht mehr als sieben Wörter enthalten.

P. Sascha Heinze ist Pallottinerpater und war von 2017 bis Juni 2024 als Seelsorger, Priester und Mitglied des Leitungsteams im „Haus der Stille“ tätig.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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