Kontrapunkte
Oma und Enkeltochter erzählen …
Zum ersten „Großeltern-Tag“ hat das SONNTAGSBLATT eine Großmutter und ihre Enkeltochter gefragt, was es heißt, Oma und Enkelin zu sein. Christa Bauer spürt in ihrer Oma-Rolle ihren Großmüttern nach, und Lotte erzählt von der lang herbeigesehnten Zeit bei Oma und Opa.
Vergesst die Großeltern nicht!
Mit diesen Worten hat Papst Franziskus Anfang des Jahres einen Welttag für „Großeltern und ältere Menschen“ eingerichtet. Verknüpft mit dem liturgischen Gedenktag für Joachim und Anna, die Großeltern Jesu, wird er am 4. Sonntag im Juli gefeiert. Zu diesem heuer erstmalig begangenen „Großelterntag“ erzählen uns eine Oma und ihre Enkeltochter, wie es ist, Großmutter zu sein und Großeltern zu haben. Charlotte (11) denkt zurück an ihre erste Erinnerung mit Oma und Opa, die alle drei Enkerln in einer Scheibtruhe durch den Wald geschoben haben. Christa (62) denkt an ihre Großmütter und fragt nach der Rolle von Großeltern in unserer Gesellschaft
»Meine Drei verlocken mich immer wieder neu zum Staunen.«
Christa Bauer (62), Bäuerin, Familien- und Lebensberaterin in Pischelsdorf am Kulm, hat drei Kinder und drei Enkelkinder.
Hoch droben in der Lindenbaumkrone hockt Lottchen, mein erstes Enkelkind. Lachend stellt sie fest: „Oma, ohne Leiter kommst du da aber nicht rauf, denn du bist schon alt.“ Ja, ist gut. Denn alt zu sein, das ist die einzige Möglichkeit, überhaupt Enkelkinder haben zu können. Lotte, Lilli und Theodor, meine Drei, verlocken mich immer wieder neu zum Staunen, zum Betrachten, zum Schauen, zum Lernen … Wie sie mit dem Leben umgehen, aus welcher Tiefe diese Kinder ihre göttliche Weisheit schöpfen. Für Augenblicke zeigt sich, dass Himmel und Erde sich berühren.
Aber Ratlosigkeit macht sich oft breit, welche Rolle letztendlich Großmütter und Großväter in unserer Gesellschaft haben. Politisch? Reicht unser Da-Sein? Zeuginnen und Zeugen des Lebens zu sein?
Eine Himbeerzuckerl-Lade
Die Biografien meiner eigenen Großmütter haben mich gelehrt, die Unterschiedlichkeiten ihres Lebens vorurteilsfrei anzuerkennen und zu würdigen. Aber ich hatte auch noch Milli, meine Ersatzgroßmutter. In ihrer Einfachheit lehrte sie mich unausgesprochen den achtsamen Zugang zu allem Lebendigen. Gefühlt meine halbe Kindheit verbrachte ich bei ihr. Sie hatte Zeit, und sie hatte eine Himbeerzuckerl-Lade in ihrer wunderschönen Kredenz.
In meinem Älterwerden und in meiner Rolle als Großmutter nehme ich die „Milli-Spuren“ wahr, denn das ist es, was ich meinen Enkelkindern weitergeben möchte. Dazu brauche ich auch den Mut und die Unerschrockenheit meiner Großmutter mütterlicherseits, aber ebenso die „stummen“ Geschichten meiner Großmutter väterlicherseits. Von ihr habe ich nur ein Foto. Es zeigt sie als junge Frau.
»Bei unseren Großeltern hat jeder seinen Platz.«
Charlotte Fuchs (11) lebt mit ihren Geschwistern Emilia und Theodor meist in New York.
Mama, wie lange dauert es noch, bis wir wieder nach Österreich fliegen?“ – „Noch 78 Tage.“ Mit meinen Geschwistern hänge ich eine Stricherlliste an die Wand und zähle die Tage bis zum Abflug. 30 Tage davor packen wir schon unsere Reiserucksäcke. Endlich ist es soweit: Nach einem anstrengenden Reisetag begrüßen uns Oma und Opa am Gartentor ihres Bauernhofes. Hier gibt es große Wiesen und Wälder, hier genießen wir die Freiheit. Auf den meisten Spielplätzen sind eine oder zwei Schaukeln aufgestellt. Aber hier bei Oma und Opa gab es erst eine Schaukel für ein Enkelkind, dann zwei für zwei Enkerl und jetzt drei Schaukeln. Für drei Kinder. Hier hat jeder seinen Platz. Außerdem leben da drei Kaninchen, drei Meerschweinchen und ein Hund, der schlimm genug ist für drei.
Zu dritt in einer Scheibtruhe
Wir verbringen Stunden auf den Bäumen, die unsere Großeltern und Urgroßeltern gepflanzt haben, und unterhalten uns mit Oma, die ihre Blumenbeete jätet. Und natürlich werden wir bei den Großeltern sehr verwöhnt: Sie nehmen sich immer Zeit für uns, selten hören wir ein Nein, und sonntags steht ein Glas Nutella auf dem Frühstücks-tisch. Eine meiner frühesten Erinnerungen an die Großeltern ist, dass sie uns in einer Scheibtruhe durch den Wald schoben (da waren wir noch sehr klein und fanden zu dritt Platz in einer, später mussten wir uns auf zwei aufteilen). Jetzt sind wir schon zu groß für Ausflüge in Scheibtruhen, aber das heißt nicht, dass wir nicht zusammen in den Wald gehen: Nun bauen wir dort Spielhäuschen und Dörfer für fantastische, magische Tierwesen.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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