Weltsynode
Synode vorbei. Und jetzt?
Im Oktober tagte im Vatikan die katholische Weltsynode. Sie erarbeitete ein Papier von 60 Seiten, das der Papst so, wie es ist, veröffentlichte. Auf ein eigenes Schreiben hat er verzichtet, das Synoden-Papier ersetzt es gewissermaßen. Was könnte sich damit in Diözesen und Pfarren verändern? Vatikan-Expertin Gudrun Sailer fasste für „Kirche bunt“ die wichtigsten Stellen aus dem Schlussdokument zusammen.
Zunächst: Das Schlussdokument der Synode war nicht dazu gedacht, als solches in Kraft gesetzt zu werden. Dass Papst Franziskus von diesem Recht erstmals Gebrauch macht, hat die Synodalen überrascht. Dem Papier ist anzumerken, dass es als ein Geflecht von artikulierten kirchlichen Bestandsaufnahmen und Anregungen aus der Mitte der Weltkirche an den Papst gehen sollte, der daraus etwas Eigenes erarbeiten und das eine oder andere vielleicht auch entscheiden sollte – wobei ein Papst souverän darüber befindet, was er entscheidet und was er offen hält. Kurz und gut: Welche Rechtsverbindlichkeit das Schlussdokument der Synode hat, ist unklar. Vielleicht lohnt genau deshalb ein Blick in die 60 Seiten. Denn die Anregungen aus der Weltkirche an die Adresse des Papstes in punkto Synodalität sind als solche vom Papst approbiert und damit auf dem Tisch. Man kann mit ihnen weiterarbeiten, in der Diözese und in der Gemeinde.
Alle 155 Absätze fanden bei der Abstimmung eine Mehrheit
Das Schlussdokument der Weltsynode enthält fast alle Themen der Diskussion, die mit den Diözesankonsultationen im Jahr 2021 begonnen hatte (als einziges fehlt das Thema Homosexualität und andere sexuelle Orientierungen, das bei der Synodensitzung 2023 noch vorkam). Alle 155 Absätze fanden bei der Abstimmung in der Synode 2024 eine Zweidrittelmehrheit und wurden damit gebilligt.
Ein wiederkehrender Gedanke im Dokument ist der, dass die Kirche schon heute bestehende Möglichkeiten besser nutzen kann oder muss, um ihre ureigene Sendung – die Verkündigung der Frohen Botschaft – zu verwirklichen. Das gilt namentlich für die Beteiligung von Frauen (Nr. 60), die Rolle der Laien einschließlich Frauen bei Priestermangel für das Sakrament der Taufe und der Eheschließung (Nr. 76) und die Rechenschaftspflicht des Bischofs, wenn er Entscheidungen trifft, die von den gemeinsam erarbeiteten Beratungsergebnissen abweichen (Nr. 91). Nochmals: Schon die derzeit gültigen kirchenrechtlichen Normen bieten Raum für mehr Synodalität. Ihn zu nutzen, dazu ermutigt die Synode ausdrücklich. Mit der Billigung des Papstes.
Schon die derzeit gültigen kirchenrechtlichen Normen bieten Raum für mehr Synodalität. Ihn zu nutzen, dazu ermutigt die Synode ausdrücklich.
Einen wichtigen Teil des Frauen-Themas, nämlich den Zugang zu Ämtern und Diensten, hatte Franziskus in eine Studiengruppe ausgelagert, die weiterarbeiten wird. Dass das klug war, zeigt der Gegenwind bei der Abstimmung über die Absätze zum Thema Beteiligung von Frauen. Die meisten Nein-Stimmen des ganzen Dokuments – 97 von 355 – erhielt Nr. 60 über die Beteiligung von Frauen („es gibt keine Gründe, die Frauen daran hindern sollten, Führungsrollen in der Kirche zu übernehmen … Darüber hinaus bleibt die Frage des Zugangs von Frauen zum diakonischen Amt offen”). 40 Nein-Voten bekam aber auch die Forderung nach einer „signifikanten Präsenz von Frauen“ in der Priesterausbildung (Nr. 148.). Beide Punkte sind in den Ortskirchen deutscher Sprache heute weitgehend Konsens und teils schon verwirklicht. Sie weiter auszubauen und gemeinsam über neue Wege nachzudenken, ist nicht verboten.
Sogar im traditionsbewussten Afrika hat sich in der Frauenfrage etwas getan: Der kongolesische Kardinal Fridolin Ambongo, der den afrikanischen Widerstand gegen die von Papst Franziskus erlaubte Segnung homosexueller Paare orchestrierte, sagte öffentlich in Rom, die afrikanischen Bischöfe würden dem Papst bereitwillig folgen, sollte er die Wiedereinführung des Frauendiakonats beschließen. Auch wenn man derzeit keinen Bedarf an weiblichen Diakonen sehe, schulde man dem Papst Gehorsam.
Wie man synodal Entscheidungen trifft
Weitreichend auch für westeuropäische Ortskirchen ist das Synodenpapier dort, wo es von der Autorität des Bischofs bei der Entscheidungsfindung spricht. Die Ausübung von Autorität ist „nicht ohne Grenzen“ (Nr. 92): „Sie darf eine Richtung nicht ignorieren, die sich durch eine angemessene Unterscheidung innerhalb eines Beratungsprozesses herausbildet“.
Dann nennt das Papier Verfahrensregeln, die es ermöglichen, in der Kirche zu guten gemeinsam Entscheidungen zu finden. Zum Beispiel: In die Beratung einbezogen werden müssen besonders kompetente Personen und solche, die von der Sache betroffen sind, und alle müssen Zugang zu relevanten Informationen haben. Synodale Entscheidungsprozesse sind ein Gebot der Stunde (Nr. 94): Die Ortskirchen müssen Wege finden, um diese Veränderungen umzusetzen“. Sonst droht eine „Entfremdung“ von Gläubigen, die Hoffnung in die Synode setzten.
„Kultur und Praxis der Rechenschaftspflicht“
Groß geschrieben hat die Synode das Thema Transparenz in der Kirche. So soll in der Kirche eine „Kultur und Praxis der Rechenschaftspflicht“ entstehen (Nr. 99). Und zwar nicht nur von unten nach oben, wie gehabt. Vielmehr „muss die Dimension der Rechenschaftspflicht der Autorität gegenüber der Gemeinschaft wiederhergestellt werden“. Das heißt, der Bischof soll sich gewohnheitsmäßig erklären. Mehr noch: Er soll sich eine „regelmäßige Bewertung seiner Amtsausübung“ (Nr. 100) gefallen lassen mit dem Ziel, Verbesserungswürdiges ans Licht zu bringen.
Konkret schlägt die Synode den Diözesen darüber hinaus vor, jedes Jahr einen Finanz- und einen Tätigkeitsbericht zu veröffentlichen (102). Darin soll auch stehen, welche Fortschritte das Bistum gemacht hat beim Zugang von Laien in Führungsrollen und in Entscheidungsprozessen. Die Arbeit der Römischen Kurie könnte ebenfalls Gegenstand einer solchen regelmäßigen Bewertung werden, schlägt die Synode (Nr. 135) vor.
Es ist ein erneuertes Modell von Kirche, das sich in der Arbeit der Synode andeutet.
Verbindliche Änderungen im Gewebe der Kirche sind das alles nicht. Dennoch hat die Weltsynode gezeigt, dass sie nicht nur einen innovativen geistlichen Stil des Hörens einüben, sondern auch lehramtlich beraten wollte. Es ist ein erneuertes Modell von Kirche, das sich in der Arbeit der Synode andeutet. Welche Konturen es gewinnt mit der Zeit, wird von allen jenen abhängen, die sich im Glauben engagieren.
Die Autorin: Gudrun Sailer stammt aus der Pfarre St. Margarethen an der Sierning, besuchte das Mary Ward-Gymnasium in St. Pölten, studierte Vergleichende Literaturwissenschaft, Spanisch, Französisch und Philosophie. 2003 wurde Sailer Redakteurin im deutschsprachigen Dienst von Radio Vatikan, das nunmehr unter dem Namen Vatican News firmiert.
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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