13. Sonntag im Jahreskreis | 28.06.2020
Meditation

Prächtige Lilie in einem Hinterhof. | Foto: Remler

Zärtliche Worte |
„Mit Küssen seines Mundes bedecke er mich, süßer als Wein ist seine Liebe. Köstlicher ist der Duft deiner Salben, dein Name hingegossenes Salböl, darum lieben dich die Mädchen.“
Das Hohelied, das Lied der Lieder, wie es im Originaltext heißt, ist einer der ungewöhnlichsten Texte des Alten Testaments. Solche Worte würde man hier sicher nicht vermuten, und doch hat dieses Liebeslied Eingang gefunden. Gegenseitige Liebe und Sehnsucht, die Erfüllung wurde immer schon gesucht, menschlich, verständlich und in einer Sprache, aus der man noch sehr viel lernen kann, um vielleicht selbst ein paar ungewöhnliche Komplimente zu verteilen und nicht immer bei „Schatziputzi“ zu bleiben.
„Ich bin eine Lilie der Täler. Wie eine Lilie unter Disteln, so ist meine Freundin unter den Töchtern. Wie ein Apfelbaum unter den Bäumen des Waldes, so ist mein Geliebter unter den Söhnen. In seinem Schatten begehre ich zu sitzen. Wie süß schmeckt seine Frucht meinem Gaumen.“
Jeden Moment der Zeit, die uns geschenkt wird – egal von wem, und sei es nur von einem, der würfelt, irgendwo, zu nutzen und in diesen kostbaren Sekunden, Stunden, Tagen und Jahren so glücklich zu sein, wie es nur geht, das ist wohl ein Vorsatz, den alle haben. Auch die zärtliche Erfüllung zu suchen bleibt immer nicht nur im Hinterkopf, sondern eingeschrieben in den ganzen Körper, in das ganze Leben.
„Mein Geliebter ging in seinen Garten hinab zu den Balsambeeten, um in Gärten zu weiden, um Lilien zu pflücken.“
Sich selbst einfach verschwenden, ohne an Folgen zu denken, ohne Sinn und Verstand, denn nur im Verschwenden ohne Zögern offenbart sich die Fülle eines Traumes, der wahr werden will.
Geliebter und Geliebte kommen im Hohen Lied wechselweise zu Wort, was den Text besonders interessant macht: Suchen und Finden ist großes Thema des Textes, und die gegenseitige Bewunderung: „Mein Geliebter ist rot und weiß, ausgezeichnet unter Tausenden.“
Der Traum der Frau: „Des Nachts auf meinem Lager suchte ich ihn, den meine Seele liebt. Ich suchte ihn und fand ihn nicht …“ Nach ihrem Streifzug durch die Stadt finden die Liebenden sich schlussendlich doch, und es heißt: „Ich gehöre meinem Geliebten, und mein Geliebter gehört mir, der unter Lilien weidet.“

GISELA REMLER, Zitate aus dem Hohenlied

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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