2. Sonntag nach Weihnachten - 05. Jänner 2025
Meditation
Stern der Sehnsucht
Vielleicht haben Sie die Meldung in der Zeitung gelesen: Eine Reisegruppe wollte den Möllensdorfer Wald-Weihnachtsmarkt in Thüringen besuchen. Da der Fahrer blind seinem Navi vertraute, strandete der Bus auf einem Feldweg. Das Malheur sprach sich schnell herum, Anrainer eilten zu Hilfe und brachten die durchwegs älteren, frierenden Fahrgäste ans Ziel. Dort wurden sie vom Weihnachtsmann freundlich begrüßt.
Ob sich die Weisen aus dem Morgenland ähnlich fehlgeleitet gefühlt haben wie jene Busreisenden? Sie sind dem Stern gefolgt, der ihnen auf einem abgelegenen Hirtenfeld in der Nähe des Städtchens Betlehem – also mitten im Nirgendwo – zu verstehen gab: „Sie haben Ihr Ziel erreicht.“ Bei der Navigation haben sich die orientalischen Gelehrten auf „GPS“ gestützt – auf das Gestirne-Planeten-Studium – und ihr Instrumentarium zur Beobachtung von Himmelserscheinungen war auf dem letzten Stand der Technik. Doch beim Anblick des bescheidenen Stalls in der Einschicht muss sie wohl im ersten Moment der Gedanke befallen haben, dass sie in die Irre geleitet wurden, dass ihr Navigationssystem versagt hat.
Es gibt verschiedene Theorien, welches kosmische Phänomen die Sterndeuter geleitet hat, ob es der Halleysche Komet, eine Konjunktion von Planeten oder gar eine Supernova gewesen sein könnte. Da die biblische Geschichte, die nur das Matthäusevangelium erwähnt, als Legende mit einer allegorischen, spirituellen Botschaft zu betrachten ist, spielt es auch keine große Rolle. Dann ist der Stern als Symbol zu betrachten, als Bild für das innere Leuchten im Menschen, für den Geistesblitz und das Licht der Erkenntnis.
Von ihm wurden die Weisen bewegt, ihr vertrautes Umfeld hinter sich zu lassen, der Leuchtspur ihrer Sehnsucht zu folgen und eine weite, abenteuerliche Reise in unbekanntes Terrain anzutreten. Dieses Licht strahlt mit unfehlbarer Gewissheit in die Tiefe ihres Herzens, sodass sie sich vom scheinbar falschen Ort nicht irritieren lassen. Beim Anblick des Kindes in der Krippe ist ihnen sofort klar, dass sie einer Sternstunde der Menschheit beiwohnen, dass sich hier über ihnen der Himmel öffnet.
Alfred Jokesch
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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