29. Sonntag im Jahreskreis | 20. Oktober 2024
Meditation
… dann ein Wald
Mich berührt eine wunderschöne Geschichte von Jean Giono im Buch Der Mann, der Bäume pflanzte. Auch wenn die Hauptgestalt Elzéard Bouffier erfunden ist, für mich ist die Geschichte dennoch wahr, weil sie eine zeitlos gültige Botschaft vermittelt. Hier eine Zusammenfassung:
Ein älterer Schäfer in Frankreich. Seine Frau ist gestorben, später auch sein einziger Sohn. Wofür soll er jetzt noch leben? Er lässt seinen Bauernhof in einer fruchtbaren Ebene zurück. Nur fünfzig Schafe nimmt er mit. Er zieht in eine trostlose Gegend, fast eine Wüstenlandschaft. Dort kann er vielleicht vergessen.
Weit verstreut liegen fünf Dörfer mit zerfallenen Häusern. Die Menschen streiten; viele ziehen fort. Da erkennt der Alte: Diese Landschaft wird ganz absterben, wenn hier keine Bäume wachsen.
Immer wieder besorgt er sich einen Sack mit Eicheln. Die kleinen sortiert er aus, auch die mit Rissen wirft er fort. Die guten, kräftigen Eicheln legt er in einen Eimer mit Wasser, damit sie sich richtig vollsaugen. Er nimmt einen Eisenstab mit, dann zieht er los. Hier und dort stößt er den Eisenstab in die Erde, legt eine Eichel hinein.
Nach drei Jahren hat er auf diese Weise 100.000 Eicheln gesetzt. Er hofft, dass 10.000 treiben. Und er hofft weiter, dass Gott ihm noch ein paar Jahre schenkt, so weitermachen zu können. Als er 1947 im Alter von 89 Jahren stirbt, hat er einen der schönsten Wälder Frankreichs geschaffen – einen Eichenwald von elf Kilometer Länge und drei Kilometer Breite.
Und was sonst noch geschehen ist? Die unzähligen Wurzeln halten jetzt die Feuchtigkeit fest, saugen sich mit Wasser voll. Es gibt auch wieder Bäche, Weiden entstehen, Wiesen, Blumen wachsen. Die Vögel kommen zurück. Selbst in den Dörfern verändert sich alles: Die Häuser werden wieder aufgebaut. Alle haben wieder Lust zum Leben, freuen sich, feiern Feste. Keiner weiß, wem sie das zu verdanken haben, wer die Luft, die ganze Atmosphäre geändert hat.
Diese Geschichte trage ich schon viele Jahrzehnte in meinem Herzen. Was hilft alles Lamentieren über die heutige Zeit! Besser ist es, da und dort „Eicheln“ zu setzen mit dem großen Vertrauen, dass mit der Zeit doch so manch Gutes daraus wächst.
Aus: Elmar Simma, Damit sich alles fügt, Tyrolia Verlag 2021.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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