24. Sonntag im Jahreskreis | 15. September 2024

Meditation

Die Stacheln öffnen

Sie ist wohl zu früh vom Baum gefallen, diese Esskastanie. Da liegt sie, stachelig, verschlossen und irgendwie verloren am Waldrand. Wie gut, dass ich weiß, was sie verbirgt. Wie süß und cremig ihr Inneres schmecken wird, wenn sie aufspringt, ihre Frucht offenbart, und diese gegart wird. Gottes Schöpfung schenkt uns vieles, was uns piekst und sogar piesackt. Wie beruhigend, um den fruchtbaren Kern zu wissen. Welch Geschenk, eine Stachelschale aufspringen zu sehen.

Und ich? Wie gehe ich heute durch den Tag? Vielleicht wie eine kleine Esskastanie, die am Morgen ganz stachelig aus dem Bett fiel und sich jetzt – mit dem Gespür für Gottes Licht und Wärme – innerlich streckt und dehnt, sich öffnet und Frucht bringt?

Heute gehe ich voll positiver Erwartung in den Tag: Wenn ich Stacheligem begegne in mir, in anderen, in Natur und in Prozessen, wenn mich etwas piesackt – erkunde ich das Gute, das darin stecken könnte, bin neugierig auf verborgene Früchte.

Doris Banzhaf

Ich lebe so viel im „Haben“. Und dabei sehnt sich mein Herz nach „Sein“. Und so spüre ich nach: was habe ich, was bin ich?
Ich lade Dich ein, in ein Schreibgespräch zu gehen mit Dir selbst. Ein weißes Blatt Papier, Dein Lieblingsstift, sonst nichts. Ich habe … Ich bin … Lass Dich führen durch das, was in Dir ist. Lies ohne zu urteilen. Lass es stehen.

Ich habe – Kleider und Schuh, Bett und Decke, Topf und Teller.
Ich bin – bedürftiges Wesen, hungernd nach Lebendigkeit und Verbundenheit.
Ich habe – viel zu viel, in Schubladen, Schränken und Keller.
Ich bin – blind für das Wesentliche.
Ich habe – einen Garten mit blühenden Blumen.
Ich bin – Teil dieser unfassbar schönen Schöpfung.
Ich habe – Angst vor dem, was kommt.
Ich bin – Vertrauen.
Ich habe – Verantwortung.
Ich bin – geliebt.

Leonie Orit Büchele

Aus: Impulse für die Schöpfungszeit, ekifrei.de/schoepfung